Bericht: Niedriglohnsektor größer als bisher angenommen
In Deutschland gibt es einer neuen Studie zufolge deutlich mehr Niedriglohnjobs als bisher angenommen. Im Jahr 2017 wurden nach einer Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) 24,5 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse lediglich mit einem Niedriglohn vergütet, wie die Zeitung "Neues Deutschland" (Mittwochsausgabe) berichtete. Die Forscher bezogen erstmals nicht nur den Hauptjob von Beschäftigten ein, sondern auch Nebentätigkeiten wie Minijobs, weil dafür nun ausreichend Daten vorlägen.
Die Auswertung zeigt dem Bericht zufolge, "dass es im Jahr 2017 über neun Millionen Beschäftigungsverhältnisse mit einem Lohn unterhalb der Niedriglohnschwelle gab, was einem Anteil von rund einem Viertel aller Beschäftigungsverhältnisse entspricht". Das sind rund eine Million Niedriglohnjobs mehr als nach bisherigen Analysen, in denen lediglich die Haupttätigkeit berücksichtigt wurde, wie die Zeitung weiter berichtete. Frauen, junge Erwachsene und Ostdeutsche werden demnach besonders oft gering vergütet.
Die große Zahl von Geringverdienern sei "beunruhigend", nicht zuletzt wegen der stark steigenden Mieten, sagte DIW-Forscher Markus Grabka der Zeitung. Zudem sei ein niedriges Gehalt oft ein zentraler Faktor für Altersarmut.
Um den Niedriglohnsektor einzudämmen, plädiert der Forscher für eine Reform der Minijobs. "Würde man die Verdienstgrenze bei Minijobs absenken, könnte die Zahl der geringfügig und entsprechend häufig schlecht entlohnten Beschäftigungsverhältnisse reduziert werden", erklärte Grabka. Minijobs könnten dann in sozialversicherungspflichtige Teilzeit- oder Vollzeitstellen umgewandelt werden.
Konkret schlägt der DIW-Forscher vor, die Verdienstgrenze bei Minijobs auf 200 oder 250 Euro zu senken. Derzeit dürfen Minijobber bis zu 450 Euro im Monat verdienen. Gefragt sei auch eine "offensivere Lohnpolitik".
Als Niedriglöhne gelten Verdienste, die unter 10,80 Euro pro Stunde liegen. Werden nur die Hauptjobs von Beschäftigten zugrunde gelegt, lag der Niedriglohnanteil laut DIW bei 22,5 Prozent und damit zwei Prozentpunkte niedriger als bei der neuen Betrachtung unter Einschluss von Nebentätigkeiten.
(M.Dorokhin--DTZ)