Tausende Beschäftigte im Warnstreik bei Volkswagen
Tausende Beschäftigte an nahezu allen VW-Standorten in Deutschland haben am Montag mit Warnstreiks den Arbeitskampf bei dem kriselnden Autobauer eingeleitet. "Wir sind streikbereit!" war auf Plakaten in Wolfsburg, Hannover oder Zwickau zu lesen. Volkswagen will einen harten Sparkurs mit Werksschließungen, Stellenabbau und Lohnkürzungen einschlagen. Die IG Metall und der Betriebsrat rufen deshalb zum erbitterten Widerstand auf.
Die Friedenspflicht war in der Nacht zum Sonntag ausgelaufen. Drei Tarifrunden hatten zuvor keine Einigung gebracht. Am Freitag vertiefte sich die Kluft zwischen Chefetage und Arbeitnehmervertretern noch: Das Unternehmen wies den von IG Metall und Betriebsrat unterbreiteten "Zukunftsplan" zurück. Darin vorgeschlagene Schritte würden nicht zu erhofften Einsparungen führen.
Die IG Metall setzt sich für spürbare Gehaltssteigerungen für die Beschäftigten ein. Der "Zukunftsplan" sieht dies weiterhin vor, das Gehaltsplus soll jedoch nicht ausgezahlt werden, sondern in einen Fonds für Finanzierung von eventuell nötigen Arbeitszeitkürzungen fließen. Dies führe "zu keiner finanziellen nachhaltigen Entlastung des Unternehmens in den kommenden Jahren", erklärte ein Volkswagensprecher.
Am Montag demonstrierten VW-Beschäftigte an neun von zehn VW-Standorten in Deutschland. Ausgenommen war aufgrund eines anderen Tarifvertrags das Werk in Osnabrück.
Die nach Angaben der Gewerkschaft IG Metall größte Aktion fand am Hauptsitz in Wolfsburg statt. Dort sprachen Betriebsratschefin Daniela Cavallo und IG-Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger auf der Kundgebung. Cavallo forderte von den Aktionären des Unternehmens einen größeren Beitrag zur Bewältigung der Krise: "Wir verlangen, dass alle ihren Beitrag leisten."
Sie lobte die Einstellung des zweitgrößten Volkswagen-Aktionärs, des Landes Niedersachsen. Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat Stephan Weil (SPD) habe klar gemacht, dass die Dividende für das Land nicht entscheidend sei. "Meine Erwartungshaltung ist, dass diese Einstellung auch bei den anderen Hauptaktionären vorhanden ist."
Volkswagen erwägt die Schließung von bis zu drei Werken in Deutschland - es wären die ersten Werksschließungen in der 87-jährigen Geschichte des Unternehmens. Der VW-Konzern mit seinen insgesamt zehn Marken beschäftigt rund 300.000 Menschen in Deutschland, rund 120.000 davon arbeiten bei der Marke VW, die am tiefsten in der Krise steckt.
"Der Frust und die Sorgen der VW Beschäftigten sind absolut nachvollziehbar", sagte der Co-Chef der Grünen, Felix Banaszak. Zur Krise der Autobauer habe auch "das jahrelange Schlechtreden von E-Autos und Klimazielen" beigetragen. Es brauche nun "massive Investitionen in Innovation", führte er aus. Alle demokratischen Parteien müssten sich "zur E-Mobilität am Standort Deutschland" bekennen.
Bayers Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte neue Fördermittel für E-Autos und andere alternative Antriebe. "Die E-Prämie braucht es wieder", sagte er nach einem Treffen mit Branchenvertretern in München. Zudem sprach er sich für ein "klares Bekenntnis zum Auto" und zu Deutschland als Autoland aus.
Die IG Metall setzte zunächst nur einen Warnstreiktag an. Am Mittwoch steht in Wolfsburg eine Betriebsversammlung an, zu der in diesem Jahr auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erwartet wird. Am 9. Dezember werden dann die Tarifverhandlungen fortgesetzt. Anschließend könnte laut Gewerkschaft der "härteste Tarifkampf, den Volkswagen je gesehen hat", anstehen.
(P.Tomczyk--DTZ)