Studie: Staat vernachlässigt Weiterbildung
Der Staat vernachlässigt laut einer Studie die Weiterbildung von Arbeitslosen. "Weiterbildung war zu lange das Stiefkind der öffentlichen Bildungsfinanzierung und erreicht noch immer nicht diejenigen, die besonders auf Unterstützung angewiesen sind", kritisierte der Vorstand der Bertelsmann Stiftung, Jörg Dräger, am Montag. Doch auch Unternehmen und Privatleute konzentrierten sich in Zeiten des wirtschaftlichen Wohlstands "nicht ausreichend auf Weiterbildungen".
Der Studie zufolge werden pro Jahr rund 26,9 Milliarden Euro für Weiterbildung ausgegeben. Der Großteil - knapp 20,6 Milliarden Euro - wird demnach privat finanziert, durch Betriebe oder die Teilnehmenden selbst. Nur 6,3 Milliarden Euro bringt die öffentliche Hand für Weiterbildungen auf. 1995 wendete der Staat mit 11,1 Milliarden Euro noch knapp doppelt so viel für Volkshochschulen, Abendschulen oder Meister-Bafög auf.
Für die Untersuchung werteten Forscher der Universität Duisburg-Essen im Auftrag der Stiftung verschiedene Studien sowie amtliche Berichte und Statistiken aus. Demnach sind die staatliche Ausgaben in allen Bildungsbereichen wie Kindergärten, Schulen, Berufsschulen und Universitäten deutlich gestiegen - mit Ausnahme der Weiterbildung.
Seit dem Tiefpunkt 2012 gab es der Untersuchung zufolge zuletzt wieder einen Anstieg der öffentlichen Mittel für Weiterbildung von damals noch 4,9 Milliarden Euro auf nun 6,3 Milliarden Euro. Diese kommen demnach vor allem den Beziehern des Arbeitslosengelds I zugute, adressieren aber nur selten Geringqualifizierte oder Hartz-IV-Empfänger. Insgesamt gibt es in Deutschland allein 4,6 Millionen Geringqualifizierte ohne abgeschlossene Berufsausbildung.
Während Unternehmen mehr Geld für die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter investieren, sind die Aufwendungen von Privatleuten gesunken. So sind die Ausgaben der Betriebe seit 2012 um 4,7 Prozent auf 11,1 Milliarden Euro im Jahr gestiegen, die privaten Weiterbildungskosten sanken hingegen um 14 Prozent auf 9,5 Milliarden Euro gesunken.
Dieser Rückgang liege zum einen daran, dass die Arbeitgeber mehr investierten - zum anderen sorgten aber auch günstige Onlinekurse für Einsparungen. Lagen etwa 2012 die durchschnittlichen Weiterbildungskosten noch bei 298 Euro pro Kopf, waren es 2016 nur noch 254 Euro.
Laut der Stiftung besuchten in den vergangenen zwölf Monaten 12,2 Prozent der Bevölkerung eine Weiterbildung. Bei von Armut gefährdeten Menschen waren es sogar nur 7,7 Prozent und bei Menschen ohne formalen Berufsabschluss nur noch 5,6 Prozent. Dabei sorgten der digitale Wandel und die wegen der Überalterung der Bevölkerung drohende Fachkräftelücke für eine hohe Nachfrage nach bedarfsgerecht ausgebildeten Menschen.
Stiftungsvorstand Dräger forderte, dass der Staat mehr berufsbegleitende Qualifizierungen fördert, die schrittweise zu einem vollwertigen Abschluss führen. Berufliche Weiterbildungen sollten demnach generell für klassische Berufsabschlüsse angerechnet werden. Das mache die Weiterbildung attraktiver. Außerdem solle die Regierung mehr Mittel für Hartz-IV-Empfänger bereitstellen.
(L.Møller--DTZ)