EZB verlängert Niedrigzinsen und legt neues Programm für günstige Kredite auf
Mit einer Verlängerung der Niedrigzinsen und billigen Krediten will die Europäische Zentralbank (EZB) die Wirtschaft im Euroraum stützen. Vor dem Hintergrund der sich eintrübenden Konjunktur kündigte die EZB am Donnerstag an, die Leitzinsen "mindestens bis Ende 2019" unverändert zu lassen. Bislang wollte sie dies "mindestens den Sommer hindurch" tun. Der Leitzins liegt seit drei Jahren bei 0,0 Prozent.
Außerdem kündigte die EZB neue Unterstützung für die europäischen Banken an: Sie stellt den Banken Geld zu günstigeren Konditionen als sonst üblich zur Verfügung, wenn diese das Geld als Kredite an Unternehmen weitergeben. Dadurch sollen Unternehmen mehr investieren und somit die Wirtschaft ankurbeln. Das Programm soll im September dieses Jahres starten und bis März 2021 laufen. Es ist das dritte Programm dieser Art seit 2014. Bislang hat die EZB auf diese Weise schon mehr als 700 Milliarden Euro in die Wirtschaft gepumpt.
Die EZB habe mit ihrer Ankündigung "fast alle überrascht", erklärte der Chefvolkswirt der ING-Bank, Carsten Brzeski. Nicht so sehr die Maßnahmen an sich, sondern der Zeitpunkt der Ankündigung sei dabei die Überraschung. Brzeski kritisierte dies als "ein bisschen ein Glücksspiel": Ein ernster Wirtschaftsabschwung werde "bislang beispiellose" Maßnahmen erfordern.
Die Finanzmärkte nahmen die Ankündigung der EZB überwiegend pessimistisch auf. Der Wert des Euros sank um 0,7 Prozent auf 1,12 Dollar.
Von einem Abschwung ist die Eurozone laut den neuesten Prognosen der EZB aber noch etwas entfernt. Die Volkswirte der Zentralbank rechnen für dieses Jahr noch mit einem Wachstum von 1,1 Prozent. Im Dezember waren sie noch von 1,7 Prozent ausgegangen. Für 2020 sagen sie nun ein Wachstum von 1,5 statt 1,6 Prozent voraus. Auch die Prognose zur Inflation kassierten die Ökonomen ein. Die Verbraucherpreise sollen nun 2019 nur um 1,2 statt 1,6 Prozent steigen und 2020 um 1,5 Prozent statt 1,6 Prozent. Angestrebt wird eine Inflationsrate von knapp und zwei Prozent.
Die neuen Maßnahmen sollen laut EZB-Präsident Mario Draghi vor allem die Widerstandsfähigkeit der europäischen Wirtschaft gegen externe Gefahren erhöhen. Sie könnten diese Risiken allerdings nicht aus der Welt schaffen. So gebe es Unsicherheiten durch die nach wie vor offene Brexit-Entwicklung, den schwelenden Handelsstreit zwischen China und den USA und eine sich abzeichnende wirtschaftliche Abkühlung in diesen beiden wichtigen Märkten. Dazu kämen dann noch vereinzelte Probleme innerhalb der Eurozone wie die schwächelnde deutsche Autoindustrie oder die Probleme mit der Regierung in Italien.
Neben dem Leitzins bleiben auch die beiden anderen wichtigen Zinssätze unverändert: Lagern Banken ihr Geld kurzfristig bei der EZB ein, statt es an Unternehmen zu verleihen, zahlen sie weiterhin einen Strafzins von 0,4 Prozent. Bei kurzfristigen Kapitalspritzen und sogenannten Übernachtkrediten werden wie bisher 0,25 Prozent Zinsen fällig. Die EZB hatte den zentralen Zinssatz im März 2016 auf 0,0 Prozent gesenkt, um mit günstigem Kapital Konjunktur und Inflation anzukurbeln.
Mit der Verkündung der heutigen Entscheidung wird Draghi, dessen Mandat im November endet, als erster EZB-Präsident in die Geschichte eingehen, der die Leitzinsen nie erhöht hat. Ende vergangenen Jahres hatte es noch so ausgesehen, als könnte die EZB langsam den Krisenmodus verlassen. Sie beendete wie geplant ihr Anleihenkaufprogramm, durch das sie in den vergangenen vier Jahren rund 2,6 Billionen Euro in die Märkte für Staats- und Unternehmensanleihen pumpte. Die erwarteten Rückflüsse in Milliardenhöhe sollen wieder in Anleihen investiert werden. Eine neues Kaufprogramm schloss Draghi aber bis auf weiteres aus.
(Y.Ignatiev--DTZ)