Facebook will Nutzer vom "digitalen Dorfplatz" ins "digitale Wohnzimmer" holen
Nach einer Reihe von Skandalen hat Facebook einen Strategiewechsel angekündigt: Künftig will das weltgrößte Online-Netzwerk für seine Nutzer mehr ein "digitales Wohnzimmer" als ein "digitaler Dorfplatz" sein, wie Facebook-Chef Mark Zuckerberg ankündigte. Damit will der US-Konzern dem Bedürfnis nach mehr Privatsphäre gerecht werden - unter anderem mit der Möglichkeit verschlüsselter privater Nachrichten.
Zuckerberg läutete damit eine Abkehr von der bisherigen Devise des US-Konzerns an, sich vor allem als öffentlicher Kommunikationsraum im Internet zu definieren. Diese "Dorfplatz"-Funktion hatte Facebook mit seinen inzwischen 2,3 Milliarden Nutzern im vergangenen Jahr zunehmend vor Probleme gestellt, nicht zuletzt weil das Netzwerk zu einem Ort für Fehlinformationen und Manipulationen wurde.
Künftig soll es im Online-"Wohnzimmer" geschützter zugehen. Er glaube daran, dass "die Zukunft der Kommunikation sich zunehmend hin zu privaten, verschlüsselten Diensten wandelt", schrieb Zuckerberg am Mittwoch auf seiner Facebook-Seite. In diesem Räumen könnten die Menschen darauf vertrauen, "dass das was sie zueinander sagen, sicher bleibt und ihre Mitteilungen und ihre Inhalte nicht auf ewig haften bleiben".
Bereits heute sei sichtbar, dass "private Nachrichten, kurzlebige Geschichten und kleine Gruppen die am schnellsten wachsenden Bereiche der Online-Kommunikation sind", betonte Zuckerberg. "Viele Menschen bevorzugen die Intimität der Eins-zu-eins-Kommunikation oder nur mit ein paar Freunden." Zudem seien die Nutzer vorsichtiger, eine "dauerhafte Aufzeichnung davon zu haben, was sie geteilt haben".
Öffentliche "soziale Netzwerke" würden zwar auch künftig "sehr wichtig" bleiben, schrieb Zuckerberg. Mit der wachsenden Nachfrage nach privatem Austausch gebe es nun allerdings die Gelegenheit, eine "simplere Plattform zu bauen, die zuallererst auf Privatsphäre setzt".
Künftig soll - wie Facebook bereits im Januar angekündigt hatte - das Versenden verschlüsselter Nachrichten zwischen den Diensten Instagram, Messenger und Whatsapp sowie Facebook selbst möglich sein. Dadurch soll es einfacher werden, "Freunde und Familie Netzwerk-übergreifend zu erreichen".
Facebook, das sein Geld vor allem mit dem Verkauf möglichst maßgeschneiderter Werbebotschaften an seine Nutzer erzielt, war im vergangenem Jahr von einer Serie von Skandalen erschüttert worden. Heraus kam unter anderem, dass die Daten von rund 87 Millionen Nutzern bei der Datenanalysefirma Cambridge Analytica gelandet waren. Sie sollen unter anderem unerlaubt im vergangenen US-Präsidentschaftswahlkampf für die Kampagne des heutigen Amtsinhabers Donald Trump genutzt worden sein.
Facebook wurde auch von mutmaßlich russischen Akteuren mit Tarnidentitäten für die massive Verbreitung von Falschinformationen in den US-Wahlkämpfen und anderswo genutzt.
Das Bundeskartellamt hatte im Februar die Sammlung und Verarbeitung von Nutzerdaten durch Facebook stark eingeschränkt. Das Unternehmen darf demnach Daten aus verschiedenen Quellen, etwa dem Messenger-Dienst Whatsapp und der Foto-Plattform Instagram, nur noch mit Zustimmung der Nutzer zusammenführen. Die Einschränkungen betreffen auch die Verwendung des "Like"-Buttons auf Internetseiten anderer Anbieter.
(N.Loginovsky--DTZ)