EuGH: Amazon muss keine Telefonnummer bereithalten
In einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) hat sich der Generalanwalt dafür ausgesprochen, dass Online-Händler wie Amazon für die Kommunikation mit Kunden keine Telefonnummer zur Verfügung stellen müssen. Es müsse aber eine "schnelle Kontaktaufnahme und eine effiziente Kommunikation garantiert" sein, erklärte EuGH-Experte Giovanni Pitruzzella am Donnerstag in seinem Schlussantrag. Unternehmen könnten dabei frei wählen, welche Kommunikationsmittel sie anbieten. (Az. C-649/17)
Hintergrund des Verfahrens ist eine Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen Amazon. Die Verbraucherschützer sind der Ansicht, dass der Konzern nicht wie vorgeschrieben Telefonnummer sowie gegebenenfalls Faxnummer und E-Mail-Adresse angebe. Amazon komme seinen Informationspflichten gegenüber den Verbrauchern unter anderem deshalb nicht nach, weil die Telefonnummer nur schwer zu finden sei. Der angebotene automatische Rückruf und die Möglichkeit zu einem Internet-Chat reichten nicht aus.
Die vzbv-Klage blieb in den ersten Instanzen in Deutschland erfolglos. Der Bundesgerichtshof legte den Fall schließlich im Oktober 2017 zur Auslegung der maßgeblichen EU-Richtlinie über die Rechte von Verbrauchern dem EuGH vor.
Die Wahl des Kommunikationsmittels ist nach Ansicht von EuGH-Generalanwalt Pitruzzella nicht entscheidend für die Einhaltung der Vorgaben zur Kontaktaufnahme und Kommunikation mit den Kunden. Die Aufzählung von Kommunikationsmitteln wie Telefon, Fax oder E-Mail sei nur beispielhaft, zeigte sich der Experte überzeugt. Die Unternehmen könnten frei wählen, welche Kontaktmöglichkeiten sie zur Verfügung stellten.
Dies könnten auch ein Internet-Chat als eine "Art technische Weiterentwicklung des Telefax" oder ein automatisches Rückrufsystem als "technologischer Fortschritt gegenüber dem Callcenter" sein, erklärte der Generalanwalt. Auch ein vorhandener Telefonanschluss müsse deshalb nicht zwangsläufig zur Verfügung gestellt werden.
Der Europäische Gerichtshof ist in seinen Entscheidungen nicht an die Schlussanträge der Generalanwälte gebunden, folgt diesen aber in vielen Fällen. Eine Entscheidung des EuGH wird in einigen Wochen erwartet. Über den konkreten Rechtsstreit zwischen dem vzbv und Amazon muss danach unter Berücksichtigung des EuGH-Urteils der Bundesgerichtshof entscheiden.
Amazon verteidigte sein System und zeigte sich zuversichtlich, vor dem EuGH erfolgreich zu sein. Das Unternehmen sei überzeugt, dass der "Rückrufservice sowohl dem Sinn als auch den gesetzlichen Bestimmungen der Verbraucherrechte-Richtlinie entspricht", erklärte Amazon. Das System sei "schnell, effizient und kundenorientiert". Der endgültigen Entscheidung des EuGH sehe der Konzern "entspannt" entgegen.
(W.Budayev--DTZ)