Studie: Potenzial für hunderttausende Wohnungen auf Bürohäusern und Supermärkten
Büros, Parkhäuser, Ämter und Supermärkte bieten einer neuen Studie zufolge Platz für hunderttausende Wohnungen. Laut der am Mittwoch in Berlin vorgestellten Untersuchung der TU Darmstadt und des Pestel-Instituts könnten allein durch die Dachaufstockung von Bürokomplexen und Verwaltungsgebäuden bundesweit 560.000 Wohneinheiten errichtet werden. Das gesamte Potenzial durch Nachverdichtung wie Aufstocken, Umnutzung und Bebauung von Fehlflächen bezifferten die Forscher auf 2,3 bis 2,7 Millionen Wohnungen.
Für die jährliche Studie erfassten die Forscher, wie viele Gebäude es in Deutschland gibt. Teils griffen sie dabei auf Bebauungspläne und Luftbilder zurück. Anschließend errechneten sie das Potenzial der Nachverdichtung und Umnutzung für unterschiedliche Gebäudetypen. Dabei gingen sie von einer mittleren Wohnungsgröße von 75 Quadratmetern aus. Die Studie wurde von einem Bündnis aus 16 Verbänden der Bauwirtschaft in Auftrag gegeben.
Dass eine Nachverdichtung notwendig ist, liegt für die Forscher auf der Hand. "Bundesweit fehlen über eine Million Wohnungen", erklärte der Leiter des Pestel-Instituts, Matthias Günther. Derzeit müssten jährlich bundesweit rund 400.000 Wohnungen neu gebaut werden. Tatsächlich waren es demnach vergangenes Jahr aber weniger als 300.000. Dabei fokussiert sich der Wohnungsmangel auf die großen Städte. Doch selbst dort, wo der Bedarf hoch ist, seien die Reserven nach wie vor riesig.
"Eingeschossige Discounter mit ihren Parkplätzen bieten ein enormes Potenzial für zusätzliche Wohnungen", erklärte Karsten Tichelmann von der TU Darmstadt. Rund 400.000 zusätzliche Wohnungen könnten auf den innerstädtischen Flächen der zwanzig größten Lebensmittel- und Discounterketten entstehen – ohne dabei Abstriche bei den Verkaufsflächen oder Parkmöglichkeiten zu machen. "Hier geht es um sehr attraktive Lagen in Städten", betonte Tichelmann. Allerdings müsste dafür viel investiert werden: Parkplätze und Lagerflächen müssten in den Untergrund verlagert werden, damit die Markt-Wohn-Komplexe entstehen können.
Selbst City-Parkhäuser bieten Platz für Wohnungen: Wird das oberste Parkdeck aufgestockt, geht die Studie von mindestens 20.000 zusätzlichen Wohneinheiten bundesweit aus. Insgesamt kommen die Wissenschaftler auf mehr als 1,2 Millionen Wohnungen, die bundesweit durch den Umbau von Nicht-Wohngebäuden entstehen könnten. Hinzu kämen noch einmal zwischen 1,1 bis 1,5 Millionen Wohnungen, die durch die Dachaufstockung von vorhandenen Wohngebäuden der 50er- bis 90er-Jahre möglich wären.
Die Verbände leiten aus der Studie diverse Forderungen an die Politik ab. Notwendig seien Weiterentwicklungen im Bau- und Planungsrecht. So müssten bei der Aufstockung etwa die Vorschriften für Geschossflächen und die Höhe von Traufen und Firsten flexibler gehandhabt werden. Zudem sollten die Anforderungen für Autostellplätze gelockert werden.
Schließlich fordern die Verbände auch finanzielle Anreize. Beispielsweise sollten die durch Nachverdichtung oder Umnutzung entstandenen Wohnungen schneller abgeschrieben werden dürfen. Außerdem sollte es mehr Investitionszulagen und Förderprogramme dafür geben.
(O.Tatarinov--DTZ)