Foodwatch wirft Milchindustrie "Greenwashing" vor - Forderung nach mehr Klimaschutz
Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch hat der Milchindustrie in Deutschland vorgeworfen, die Auswirkungen ihrer Produktion auf die Umwelt harmloser darzustellen, als sie sind. "Die Milchindustrie betreibt Greenwashing, um Milch als harmloses oder gar klimafreundliches Nahrungsmittel darzustellen und weiter große Mengen an Milchprodukten zu verkaufen", erklärte Foodwatch am Dienstag in Berlin. Der Milchindustrie-Verband (MIV) verwies auf eingehaltene Klimaziele der Branche und sinkende Emissionen.
Die Emissionen durch die Milchproduktion sind laut dem "Milchmärchen"-Report von Foodwatch und der Denkfabrik Faba Konzepte "dreimal höher" als von der Branche angegeben. Die Berechnungen der Milchindustrie beziehen sich demnach nur auf Treibhausgase, die "unmittelbar bei der Haltung und Fütterung der Tiere entstehen". Indirekte Emissionen, etwa durch den Import von Futtermitteln oder die Bewirtschaftung von Moorböden, würden "bewusst außer Acht gelassen".
Die Milchindustrie erklärte, beim Thema Klimaschutz "auf einen sehr guten Weg" zu sein. Die Landwirtschaft in Deutschland erfülle die von der Bundesregierung vorgeschriebenen Sektorziele. Kaum ein Land produziere "so klimaneutral einen Liter Milch wie Deutschland".
"Die Wahrheit hinter den Milchmärchen von Industrie und Lobbyverbänden ist: Die Milchproduktion verursacht enorme Klimaschäden und großes Tierleid", kritisierte Annemarie Botzki von Foodwatch. Viele Tiere würden durch die tägliche Belastung krank und müssten frühzeitig geschlachtet werden.
"Wenn wir Klima- und Tierschutz ernst nehmen wollen, kommen wir um eine Wahrheit nicht herum: Wir müssen deutlich weniger Kühe halten und deutlich weniger Milchprodukte herstellen und essen." Für den Klimaschutz sei es nötig, die Zahl der fast 3,7 Millionen Milchkühe hierzulande "mindestens" zu halbieren.
Die Milchindustrie hält diese Forderung für "das falsche Ziel". Der Klimawandel sei ein "Problem, welches auf einer globalen Ebene angegangen werden muss". Eine Selbstbeschränkung führe zur Abwanderung der Betriebe ins Ausland. "Dies würde aus unserer Sicht zu einer klimaschädlicheren Milcherzeugung führen als in Deutschland", so der Milchindustrieverband. Die Zahl der Rinder nehme zudem "seit Jahren" ab, womit auch die Emissionen sinken.
Die landwirtschaftlichen Betriebe und Molkereien hätten bereits "verschiedene CO2-Hebel", wie regenerative Energiequellen, bedarfsgerechte Fütterung oder smarte Fuhrparkplanung, "im Auge". Die Branche forderte, in einem "faktenbasierten Dialog zu bleiben und emotionale Glaubenskriege aufzulösen".
Foodwatch wies Vorschläge der Industrie, wie Weidehaltung der Tiere, Spezialfutter oder Effizienz-Steigerungen, als "nicht realistisch" zurück. Ein "enormes Einsparpotenzial" ergebe sich stattdessen, wenn Milch und Milchprodukte durch pflanzliche Alternativen ersetzt und frei werdende Flächen renaturiert würden.
(L.Svenson--DTZ)