Nach weiterem Datenskandal droht Facebook nun auch noch ein Gerichtsverfahren
Facebook kommt aus den Negativschlagzeilen nicht heraus: Kaum hatte die "New York Times" enthüllt, dass das Online-Netzwerk über Jahre hinweg Technologiefirmen wie Amazon, Microsoft, Netflix und Spotify Zugriff auf sensible Nutzerdaten gewährte, wurde der Konzern wieder vom alten Skandal um die Firma Cambridge Analytica eingeholt. Washingtons Generalstaatsanwalt Karl Racine reichte am Mittwoch wegen der Affäre um den Datenmissbrauch Klage ein.
Im Frühjahr war ans Licht gekommen, dass die Daten von rund 87 Millionen Nutzern bei der britischen Firma Cambridge Analytica gelandet und von ihr unerlaubt für den Wahlkampf des heutigen US-Präsidenten Donald Trump benutzt worden waren.
Facebook habe im Fall Cambridge Analytica beim Schutz der Privatsphäre seiner Nutzer versagt, erklärte Racine. Zudem habe er seine Nutzer darüber "getäuscht, wer Zugang zu ihren Daten hatte und wie sie genutzt wurden". Dadurch seien sie dem Risiko von politischen Manipulationen ausgesetzt worden.
Die Klage soll laut dem Generalstaatsanwalt dafür sorgen, dass Facebook entsprechende Maßnahmen trifft, um seinem "Versprechen gerecht zu werden, die Privatsphäre seiner Nutzer zu schützen". Die Reaktion des Unternehmens fiel zunächst denkbar knapp aus: Facebook prüfe die Klage, darüber hinaus setze es seine "Diskussionen mit den Generalstaatsanwälten von DC und anderswo" fort, hieß es.
Zuvor hatte die "New York Times" berichtet, dass Facebook weitaus mehr Daten seiner Nutzer dritten Parteien überließ als bisher bekannt. Dem umfangreichen Recherchen nach konnten 150 "Partner"-Firmen auf sensible Informationen zugreifen: Microsofts Suchmaschine Bing etwa hatte demnach Zugriff auf die Namen von Facebook-Freunden auch ohne Zustimmung, Netflix und Spotify konnten private Nachrichten einsehen, Amazon Nutzernamen und Kontaktinformationen.
Einige dieser Geschäftsvereinbarungen reichen laut dem Blatt bis ins Jahr 2010 zurück, andere waren noch 2017 in Kraft.
Facebooks Leiter für Entwicklungsplattformen und Programme, Konstantinos Papamiltiadis, verteidigte die Weitergabe der Daten. Diese Geschäftspraxis habe den Nutzern "soziale Erlebnisse" ermöglicht, unter anderem seien ihnen auf den Partnerseiten Empfehlungen ihrer Facebook-Freunde angezeigt worden.
Den Unternehmen sei aber kein "Zugang zu Informationen ohne Erlaubnis" der Kunden gegeben worden, schrieb Papamiltiadis in seinem Blog. Sein Konzern sei offen mit den Partnerschaften umgegangen, "weil wir wollten, dass die Leute sie auch benutzen". Die meisten dieser Funktionen gebe es inzwischen aber nicht mehr. Dennoch müsse strenger geregelt werden, wie Partner und Entwickler Zugang zu Informationen erhielten, räumte er zugleich ein.
Vor sechs Jahren hatte Facebook in einem Abkommen mit der US-Verbraucherschutzbehörde Federal Trade Commission einen sorgfältigeren Umgang mit den persönlichen Daten seiner Nutzer zugesagt. Der Konzern unterstrich am Mittwoch, dieses Abkommen sei nicht verletzt worden. Sollte sich herausstellen, dass es seiner Verpflichtung nicht nachgekommen war, drohen Facebook empfindliche Geldstrafen.
Seit Monaten durchlebt das Unternehmen eine Krise nach der anderen. Erst vergangene Woche war bekannt geworden, dass bei einer Datenpanne Fotos von womöglich 6,8 Millionen Nutzern in falsche Hände gelangen konnten. Die Negativschlagzeilen beunruhigen offenbar auch die Anleger: Die Facebook-Aktie gab am Mittwoch (18.30 Uhr MEZ) um 5,83 Prozent nach.
(N.Loginovsky--DTZ)