DGB warnt vor "Zerfall des Ausbildungsmarktes" in parallele Welten
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat vor einem zunehmenden "Zerfall des Ausbildungsmarktes" gewarnt. Während in manchen Regionen die Zahl der unbesetzten Plätze steige, sei die Lage auf dem Ausbildungsmarkt im Ruhrgebiet, in den mittleren Städten Hessens und Niedersachsens sowie im Norden Schleswig-Holsteins "dramatisch", sagte DGB-Vize Elke Hannack dem "Handelsblatt" vom Donnerstag. Die Linke forderte ein Recht auf Ausbildung.
"Wir dürfen nicht zulassen, dass in Oberhausen, Bochum, Hameln, Flensburg oder Nordbrandenburg eine abgehängte Generation heranwächst", sagte die Gewerkschafterin der Zeitung. In diesen Regionen müsse der Staat ergänzend zur betrieblichen Ausbildung auch außerbetriebliche Plätze anbieten.
Zwar sei die Gesamtzahl der neuen Ausbildungsverträge leicht gestiegen, sagte Hannack mit Blick auf die neuen Zahlen des Bundesinstituts für Berufsbildung. Doch es blieben "zahlreiche Hausaufgaben: Rund 78.600 Jugendliche suchen noch akut einen Ausbildungsplatz – und das bei 57.600 offenen Plätzen".
Zudem steige die Zahl der Jugendlichen ohne Berufsabschluss weiter: von 13,9 auf 15,0 Prozent der jungen Menschen im Alter von 20 bis 29 Jahren. "Das sind 1,45 Millionen Jugendliche in diesem Alter", sagte Hannack dem "Handelsblatt". Sie seien "die Hochrisikogruppe auf dem Arbeitsmarkt und fühlen sich von den demokratischen Kräften oft nicht mehr gesehen und angesprochen", warnte sie.
Hannack kritisierte vor diesem Hintergrund die Wirtschaft: "Zu viele Betriebe ziehen bei der Ausbildung Mauern hoch und schotten sich gegen Hauptschüler ab. Es birgt sozialen Sprengstoff, wenn Unternehmen über einen vermeintlichen Azubi-Mangel klagen, sich aber von Hauptschülern abwenden." Nicht einmal jeder zweite Jugendliche mit Hauptschulabschluss schaffe den direkten Sprung in die Ausbildung. Die Betriebe müssten sich diesen Jugendlichen wieder öffnen.
"Es ist ein Unding, wenn Jugendliche einfach zurückgelassen werden", sagte dazu die Linken-Politikerin Jutta Krellmann der Nachrichtenagentur AFP. "Wir brauchen endlich ein Recht auf Ausbildung für alle. Wer nicht ausbildet soll zahlen." Azubis müssten ordentlich entlohnt werden und gute Arbeitsbedingungen vorfinden, forderte Krellmann.
Die Linken-Politikerin ist ebenso wie Hannack Mitglied der Enquête-Kommission des Bundestags zur Zukunft der beruflichen Bildung. Dabei geht es vor allem um die Änderungen durch die Digitalisierung der Arbeitswelt. Die Mitglieder der Kommission, darunter neben Abgeordneten auch Vertreter von Verbänden und aus der Wissenschaft, wollen bis Mitte 2021 ihren Abschlussbericht vorgelegen.
(W.Uljanov--DTZ)