EU-Parlament will mehr Transparenz bei Zulassung von Lebensmittel-Zusatzstoffen
Die Zulassung von Pestiziden, Gentechnik, Aromen oder anderen Zusatzstoffen in Lebensmitteln soll künftig transparenter werden. Darauf zielt eine Verordnung ab, die das Europaparlament am Dienstag in erster Lesung verabschiedet hat. Sie sieht vor, dass schon zu Beginn eines Verfahrens für die Neu- oder Wiederzulassung von Lebensmitteln durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) die dafür angefertigten Studien veröffentlicht und in einem EU-Register erfasst werden.
Außerdem sollen die Abstimmungen im sogenannten Ständigen Ausschuss - dem Experten aus den EU-Staaten angehören - veröffentlicht werden. Die EU-Kommission hatte im April neue Regeln vorgeschlagen - als Reaktion auf die Europäische Bürgerinitiative "Stopp Glyphosat", mit der über 1,4 Millionen Bürger mehr Transparenz bei der Zulassung von Pestiziden gefordert hatten.
Dem Europaparlament gingen die Vorschläge der Kommission aber nicht weit genug: Mit einer Reihe von Änderungsanträgen verschärften Vertreter der Linken und Grünen die Vorlage. Das geschah gegen die Stimmen von Konservativen.
Das Parlament wolle verhindern, dass die Brüsseler Behörde Studien über die Risikoeinschätzung etwa von Pestiziden oder Gentechnik "unter dem Deckmantel des Geschäftsgeheimnisses unter Verschluss hält", erläuterte der deutsche Grüne und Agrarexperte Martin Häusling. Nach Angaben der SPD-Abgeordneten Susanne Melior soll zudem verhindert werden, dass "Studien mit unerwünschten Ergebnissen heimlich in der Schublade verschwinden".
Heftige Kritik an dem Votum übte die Berichterstatterin des Europaparlaments, Renate Sommer (CDU). Die Forderungen des Parlaments würden "existenzgefährdende Regeln für die Lebensmittelindustrie in Europa" schaffen, warnte sie. Wenn bereits zum Zeitpunkt eines Antrags auf Zulassung die entsprechenden Studien veröffentlicht würden, bestehe die Gefahr einer "weltweiten Ideenpiraterie". Angesichts der langen Zulassungsfristen bei der Efta könnten Konkurrenten aus Drittstaaten, etwa China, bereits während des Verfahrens eine Produktkopie auf den Markt bringen. "Damit wäre das europäische Produkt tot, bevor es überhaupt zugelassen ist."
Mit dem Votum erteilte das Plenum den Unterhändlern des Europaparlaments ein Mandat für die anstehenden Verhandlungen mit dem Rat der EU-Staaten. Über die Neuregelung entscheiden das Europaparlament und die Mitgliedstaaten gemeinsam - sie müssen daher einen Kompromiss finden.
Anlass für die neuen Transparenzvorschriften war nicht zuletzt die hitzig geführte Debatte über das Pestizid Glyphosat. Im November vergangenen Jahres hatte der Ständige Ausschuss der EU-Staaten nach langem Streit die Zulassung für Glyphosat um fünf Jahre zu verlängert - nachdem die Efsa den Stoff als "wahrscheinlich nicht krebserregend" eingestuft hatte. Glyphosat-Gegner werfen der Behörde vor, sie habe sich von der Pflanzenschutzmittel-Industrie beeinflussen lassen.
Im März setzte das Europaparlament einen Untersuchungsausschuss ein, der eine etwaige Einflussnahme der Industrie auf das Zulassungsverfahren bei der Efsa prüfen und mögliche Interessenkonflikte unter die Lupe nehmen soll. Dabei geht es auch um Berichte, nach denen der Glyphosat-Hersteller Monsanto massiven Einfluss auf Studien über die Auswirkungen des Unkrautvernichters auf die menschliche Gesundheit genommen haben soll.
(Y.Ignatiev--DTZ)