China bestellt wegen Huawei-Finanzchefin Botschafter der USA und Kanadas ein
Nach der Festnahme der Finanzchefin des chinesischen Telekommunikationsriesen Huawei hat Peking am Wochenende nacheinander die Botschafter der USA und Kanadas, Terry Branstad und John McCallum, einbestellt. Vize-Außenminister Le Yucheng forderte dabei die sofortige Freilassung von Meng Wanzhou sowie eine Aufhebung des US-Haftbefehls. Er drohte andernfalls mit Konsequenzen, ohne jedoch Details zu nennen.
Le habe am Sonntag gegenüber US-Botschafter Branstad förmlichen Protest seines Landes eingelegt, erklärte sein Ministerium. Der Haftbefehl gegen Meng und ihre Festnahme stelle einen schweren Verstoß der Rechte und Interessen einer chinesischen Bürgerin dar, beides müsse umgehend rückgängig gemacht werden. Ähnlich hatte sich der chinesische Vize-Außenminister am Samstag bereits gegenüber dem kanadischen Botschafter McCallum geäußert.
Die 46-jährige Tochter von Huawei-Gründer Ren Zhengfei war am Samstag vergangener Woche auf Betreiben der USA bei einer Zwischenlandung in Vancouver festgenommen worden. Die US-Justiz wirft ihr einen betrügerischen Verstoß gegen Iran-Sanktionen der USA vor: Sie habe persönlich gegenüber US-Banken geleugnet, dass die Firma SkyCom etwas mit Huawei zu tun hatte - obwohl SkyCom ein Huawei-Ableger sei. SkyCom soll demnach in den Jahren 2009 bis 2014 gegen die Iran-Sanktionen verstoßen haben.
Das Justizministerium in Washington strebt Mengs Auslieferung an. Voraussichtlich am Montag wird ein kanadisches Gericht darüber entscheiden, ob sie gegen Kaution freigelassen wird. Der Rechtsvertreter der kanadischen Regierung forderte am Freitag, Mengs Antrag wegen Fluchtgefahr zurückzuweisen - die Entscheidung über ihre mögliche Auslieferung in die USA könnte sich monatelang hinziehen. Bei einer Verurteilung drohen ihr nach kanadischen Angaben über 30 Jahre Haft.
Die Festnahme der Huawei-Finanzchefin hat in China großen Zorn ausgelöst. Weltweit wächst seitdem die Sorge vor einer neuen Eskalation des Handelskonflikts zwischen den USA und China.
Zusätzliche Brisanz gewann Mengs Festnahme dadurch, dass sie am selben Tag erfolgte, an dem US-Präsident Donald Trump mit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping am Rande des G20-Staatengipfels in Buenos Aires ein 90-tägiges Stillhalteabkommen im Handelskonflikt vereinbart hatte.
Nach Angaben von Trumps Wirtschaftsberater Larry Kudlow wusste der US-Präsident zu dem Zeitpunkt allerdings nichts von der Festnahme. "Er hat davon erst viel später erfahren", bekräftigte Kudlow am Sonntag im Sender Fox News. Trumps Sicherheitsberater John Bolton hatte zuvor behauptet, das Weiße Haus sei vorab über die geplante Festnahme informiert worden. Ein Sprecher Boltons korrigierte die Angaben aber später wieder.
Der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer glaubt nach eigenen Worten jedoch nicht, dass Wengs Festnahme die derzeitigen Verhandlungen der USA mit China allzu sehr beeinträchtigen werden. "Das ist eine strafrechtliche Angelegenheit, die von meiner Arbeit komplett getrennt ist", sagte der Unterhändler im Handelsstreit mit China.
Gleichzeitig ließ Lighthizer durchblicken, dass er die 90-tägige Pause nicht verlängern werde. Für ihn sei das eine feste Frist, sagte er dem Sender CBS. Er habe den Eindruck, er stimme in dieser Frage mit dem US-Präsidenten überein, fügte er hinzu. Dieser hatte sich am Dienstag auf Twitter noch vage über eine mögliche Verlängerung der Frist ausgelassen.
Huawei ist ein Schlüsselkonzern für das chinesische Bestreben, zur führenden Wirtschaftsmacht der Welt aufzusteigen. Der Konzern ist bereits jetzt hinter Samsung und vor Apple der zweitgrößte Smartphone-Hersteller der Welt. In vielen Ländern wird Huawei allerdings eine zu große Nähe zur chinesischen Führung und zu den dortigen Sicherheits- und Geheimdiensten vorgeworfen.
(O.Tatarinov--DTZ)