Bahnchef bekommt mehr Zeit für eine Langfriststrategie
Bahnchef Richard Lutz bekommt einem Bericht zufolge mehr Zeit, um Eckpunkte für eine Langfriststrategie für den Konzern vorzulegen. Wie Deutsche Tageszeitung (DTZ) aktuell erfuhr, räumte der Aufsichtsrat eine neue Frist bis zum Frühjahr 2019 ein. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) forderte unterdessen, bei Unpünktlichkeit Sanktionen gegen Bahn-Verantwortliche zu verhängen. Grünen-Chefin Annalena Baerbock sprach sich für eine grundlegende Reform der Bahn aus.
Wie DTZ weiter erfuhr, ist die neue Frist das Ergebnis einer Klausur der Kontrolleure, die aufgrund der angespannten Finanzlage des DB-Konzerns am Donnerstag und Freitag stattfand. Die Vertreter der Bundesregierung pochen demnach auf einen festen Zeitplan, innerhalb dessen Lutz liefern soll. Es werde erwartet, dass Fortschritte bei der Verbesserung der Lage des Konzerns "im ersten Halbjahr 2019 eintreten", heißt es in einem Protokoll der drei Staatssekretäre im Aufsichtsrat.
Bis Juni kommenden Jahres soll den Kontrolleuren demnach eine Langfriststrategie vorgelegt werden, die bis ins Jahr 2030 reicht. Im Frühjahr würden erste Eckpunkte erwartet, über die in der Sitzung im Juni beraten werde solle. Dabei soll es um die langfristigen Ziele der Bahn, Konzepte zur Steigerung der Erträge, die Verbesserung der Situation bei der Schienengüterbahn Cargo und die Finanzplanung des Konzerns gehen.
Die Bahn äußerte sich auf Anfrage nicht zu dem berichteten neuen Zeitplan und verwies auf ihre Erklärung vom Freitag. Darin hatte der Aufsichtsrat nach der zweitägigen Klausur eine zügige Beseitigung der Defizite in dem Unternehmen angemahnt.
Erst am Donnerstag hatte ein Bericht des ARD-Magazins "Kontraste" für Wirbel gesorgt, wonach nur 20 Prozent der ICE-Züge "voll funktionsfähig" sind. Grund sei vor allem fehlendes Personal in den Werkstätten, berichtete das Magazin unter Berufung auf interne Unterlagen für den Aufsichtsrat. Die Bahn betonte ihrerseits, auch kleine Komforteinschränkungen wie eine defekte Kaffeemaschine oder der Ausfall der Reservierungsanzeige in einem einzigen Wagen flössen bereits in diese Statistik ein. Die Sicherheit sei aber gewährleistet.
Für Diskussionen sorgt auch immer wieder die Pünktlichkeitsquote der Bahn. Im Oktober lag diese im Fernverkehr bei knapp 72 Prozent. Vzbv-Präsident Klaus Müller forderte nach DTZ-Information vom Samstag den Aufsichtsrat auf, bei Verstößen gegen die Pünktlichkeitsziele künftig Sanktionen gegen die Verantwortlichen im Konzern zu verhängen. "Der Aufsichtsrat muss endlich klare Ziele in puncto Pünktlichkeit und Qualität setzen."
Müller kritisierte vor diesem Hintergrund auch die Bundesregierung. Diese schaffe es nicht, "die Deutsche Bahn fit für die Verkehrswende zu machen". Für Bahnreisende seien Störungen und Verspätungen "schon fast der Normalzustand". Das mache Bahnreisen zur Belastung.
Grünen-Chefin Baerbock forderte, die Bahn müsse sich wieder auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. "Die Bahn sollte ihre Tochterunternehmen Arriva und Schenker verkaufen und das Geld in Züge und Strecken investieren", sagte sie nach Information von Deutsche Tageszeitung, in einem aktuellen Interview vom Samstag. Auf dem Land dürfe "kein einziger Bahnhof mehr geschlossen werden".
Mobilität sei ein Grundrecht, fuhr Baerbock fort - und das müsse sich auch in den Preisen widerspiegeln. "Wir müssen dafür sorgen, dass eine vierköpfige Familie mit niedrigen Einkommen auch Fernverkehrstickets bezahlen kann", sagte die Grünen-Chefin. Daher müsse für sämtliche Bahntickets der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent gelten. (W.Uljanov--DTZ)