Mehr als jeder zweite Beschäftigte bekommt Weihnachtsgeld
Mehr als die Hälfte der Beschäftigten können sich in diesem Jahr wieder über Weihnachtsgeld freuen. Einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zufolge erhalten 55 Prozent die Sonderzahlung - genauso viele wie im vergangenen Jahr. Entscheidend ist dabei die Tarifbindung: In Betrieben mit Tarifvertrag bekommen 77 Prozent aller Beschäftigten Weihnachtsgeld, in Betrieben ohne Tarifvertrag sind es nur 42 Prozent.
An der Online-Umfrage beteiligten sich zwischen Oktober 2017 und Oktober 2018 mehr als 90.000 Beschäftigte. Wenn der Tarifvertrag fehlt, hat das laut Thorsten Schulten vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Stiftung für Beschäftigte doppelte Nachteile bei der Bezahlung: In der Regel gebe es schon während des Jahres weniger Geld, und dann knausere der Chef noch beim Weihnachtsgeld.
Das WSI sieht deshalb den Rückgang der Tarifbindung mit Sorge. Zuletzt hätten im Westen nur noch 57 Prozent der Beschäftigten in einem Betrieb mit Tarifvertrag gearbeitet, im Osten nur noch 44 Prozent.
Dass inzwischen fast die Hälfte der Beschäftigten beim Weihnachtsgeld leer ausgehe, liege "maßgeblich am Rückgang der Tarifbindung", erklärte auch der gewerkschaftspolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Pascal Meiser. "Weihnachtsgeld bringt nicht der Weihnachtsmann, sondern nur ein guter Tarifvertrag." Die Reichweite von Tarifverträgen müsse deshalb "dringend wieder erhöht werden", forderte er.
Unterschiede gibt es beim Weihnachtsgeld je nach Region, Geschlecht und Arbeitszeit. So bekommen in Westdeutschland 56 Prozent und in Ostdeutschland nur 42 Prozent der Beschäftigten den Bonus. Dies sei unmittelbar ein Ergebnis der unterschiedlich hohen Tarifbindung in Ost und West, erklärte das WSI. Auch erhielten Männer (57 Prozent) die Sonderzahlung häufiger als Frauen (49 Prozent) und Vollzeitbeschäftigte (56 Prozent) häufiger als Teilzeitbeschäftigte (45 Prozent).
Dort wo es Tarifverträge gibt, sehen diese in den meisten Wirtschaftszweigen ein Weihnachtsgeld vor. Überwiegend wird dieses als fester Prozentsatz vom Monatseinkommen berechnet, diese Sätze veränderten sich im Vergleich zu den Vorjahren kaum. 95 bis 100 Prozent erhalten Beschäftigte im Bankgewerbe sowie in der Chemie-, Druck- und Süßwarenindustrie. Bei 80 Prozent liegt der Prozentsatz in der Versicherungsbranche.
Geringer sind die Anteile im Einzelhandel (62,5 Prozent) und in der Metallindustrie (überwiegend 55 Prozent). Im öffentlichen Dienst schwanken die Prozentsätze zwischen 52 und 80 Prozent in Westdeutschland und 39 bis 60 Prozent in Ostdeutschland. Damit sind Länder und Gemeinden etwas knausriger als im vergangenen Jahr.
Vergangene Woche hatte auch das Statistische Bundesamt seine Zahlen zum Weihnachtsgeld vorgelegt. Demnach bekommen das zusätzliche Entgelt insgesamt 86,8 Prozent der Beschäftigten mit Tarifvertrag. Durchschnittlich erhalten sie dieses Jahr 2583 Euro brutto.
Grund für die abweichende Zahl ist laut WSI zum einen eine andere Datenbasis - das Statistikamt wertete Tarifverträge aus. Zum anderen fragte das WSI nur nach Weihnachtsgeld, die Statistiker fassten die Analyse weiter und werteten demnach alle Jahressonderzahlungen.
(N.Loginovsky--DTZ)