Deutsche Industrie sieht US-Gefahr für Weltwirtschaft
Die deutsche Wirtschaft stellt sich auch nach dem Teilsieg der Demokraten bei den US-Kongresswahlen auf rauen Gegenwind aus Washington ein. "Wir haben wenig Zuversicht, dass sich an der protektionistischen Ausrichtung der amerikanischen Handelspolitik etwas ändern wird", erklärte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf, am Mittwoch. Der Konfrontationskurs der Regierung von Präsident Donald Trump bleibe eine "Gefahr für die Weltwirtschaft".
"Auch viele Demokraten unterstützen die Handelsagenda des Präsidenten", erklärte Kempf. Bei den US-Kongresswahlen hatten die oppositionellen Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus erobert. Damit können sie Trump in den kommenden zwei Jahren das Regieren deutlich erschweren. Die Mehrheit im Senat konnten die Republikaner allerdings verteidigen.
Trumps Regierung habe in den beiden vergangenen Jahren einen "klar protektionistischen Kurs gesteuert und dem globalen Freihandel damit schweren Schaden zugefügt", kritisierte der Präsident des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Carl Martin Welcker. Auch die neuen Mehrheiten im Kongress böten "keine echte Perspektive, dass nun eine dringend nötige Korrektur der amerikanischen Handelspolitik einsetzt".
Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) erwartet von der Regierung in Washington keine Abkehr vom bisherigen Kurs. Der Wahlausgang zeige jedoch, dass Trumps Politik "auch im eigenen Land nicht unumstritten ist", erklärte DIHK-Präsident Eric Schweitzer.
"Es wird ungemütlich für Trump, aber nicht besser für Europa", sagte der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, dem "Handelsblatt". In der Handelspolitik werde sich aber wenig ändern, da viele Demokraten eher protektionistisch orientiert seien. Es könne sogar sein, dass Trump "noch aggressiver wird, wenn er innenpolitisch unter Druck gerät", sagte Fuest.
Auch der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, zog eine ernüchternde Bilanz des Wahlausgangs. Da Trump in der Innenpolitik an Gestaltungsspielraum verliere, könne er in der Außenwirtschaftspolitik "noch entschiedener" auftreten, sagte er dem "Handelsblatt". Für die Europäer seien die Risiken deshalb nicht gesunken, sagte er. Schließlich herrsche "beim Handelskrieg zwischen den USA und der EU nur ein Waffenstillstand, aber noch kein Friede".
Trump und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatten sich bei einem Treffen im Juli in Washington auf einen gemeinsamen Kurs zur Beilegung der Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und der EU verständigt. Trump wirft der EU ebenso wie China und weiteren Ländern unfaire Handelspraktiken zum Nachteil der USA vor.
Trump und Juncker vereinbarten unter anderem, auf einen fast vollständigen Abbau von gegenseitigen Restriktionen im Handel mit Industriegütern hinzuarbeiten. Die vom US-Präsidenten angedrohten Zölle auf europäische Autos sind vorerst ausgesetzt.
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, wertete den Ausgang der US-Kongresswahlen indes als "Anfang vom Ende der politischen Karriere von Donald Trump". Seine Chancen einer Wiederwahl in zwei Jahren seien damit "massiv gesunken", sagte er dem "Handelsblatt".
Trump habe zwar "noch nicht die ganze Quittung für seine katastrophale Politik bekommen, da die amerikanische Wirtschaft boomt und die Einkommen steigen", sagte Fratzscher. Allerdings realisierten immer mehr Menschen in den USA, dass "Trump seine Versprechen für die sozial schwächeren Menschen in den USA nicht wird einhalten können". (L.Møller--DTZ)