Frankreich will EU-Digitalsteuer mit Verschiebung auf Ende 2020 retten
In das Ringen um eine EU-Steuer auf die Einnahmen großer Internet-Konzerne wie Google oder Facebook ist Bewegung gekommen. Frankreich als Hauptverfechter stimmte am Dienstag zu, die Einführung auf Ende 2020 zu verschieben und erst Bemühungen um Lösungen auf weltweiter Ebene abzuwarten. Auf diese setzt Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), der die EU-Steuer vermeiden will. Ob es wie geplant im Dezember zu einer Entscheidung kommt, bleibt aber ungewiss: Mehrere EU-Länder sind weiter strikt gegen die Steuerpläne.
"Frankreich ist bereit, ein letztes Zugeständnis zu machen", sagte Le Maire vor seinen EU-Kollegen. Bei der Annahme einer Richtlinie zu der Steuer im Dezember sei Paris bereit, "ausdrücklich zu sagen, dass diese nicht vor Jahresende 2020 in Kraft gesetzt wird". Die EU-Steuer solle auch nur kommen, wenn internationale Verhandlungen auf Ebene der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) scheiterten.
In die OECD als Vertretung der Industriestaaten sind auch die USA eingebunden, deren große Internet-Unternehmen von Google über Facebook bis Amazon und Apple von der EU-Steuer getroffen würden. Die Bundesregierung fürchtet deshalb bei einem Alleingang der Europäer eine Verschärfung des Handelskonflikts mit US-Präsident Donald Trump.
Auch der dänische Finanzminister Kristian Jensen warnte, eine europäische Steuer werde "natürlich eine Reaktion der Vereinigten Staaten auslösen". Angesichts des hohen Exportvolumens der EU-Staaten in die USA sei sie "keine gute Idee". Auch Schweden und Irland sind strikt gegen die EU-Digitalsteuer, die nur einstimmig beschlossen werden kann.
Die EU-Kommission hatte die Abgabe vorgeschlagen, weil international agierende Internet-Konzerne wegen fehlender Filialen in den Ländern ihrer europäischen Kunden deutlich weniger Steuern zahlen als traditionelle Firmen. Sie soll Unternehmen treffen, deren Jahresumsatz weltweit 750 Millionen Euro übersteigt. Bei einem Steuersatz von drei Prozent auf den Umsatz geht Brüssel von Einnahmen von fünf Milliarden Euro für die Mitgliedstaaten aus.
Er habe zugestimmt, die EU-Steuer einzuführen, wenn die OECD-Beratungen bis zum Sommer 2020 wider Erwarten nicht zum Erfolg führten, sagte Scholz. Die Grünen im Europaparlament warfen ihm Verzögerungstaktik vor: "Olaf Scholz verlängert die milliardenschwere Steuervermeidung von Digitalunternehmen in Europa um weitere Jahre", erklärte der grüne Finanzexperte Sven Giegold.
Deutschland will Scholz zufolge auch den Geltungsbereich der Steuer einschränken. Demnach sollte der Verkauf von Daten nicht besteuert werden. Dies verlangte auch Finnland.
Griechenlands Finanzminister Euklid Tsakalotos reagierte mit Unverständnis: "Nutzerdaten zu verkaufen ist, was Digitalunternehmen machen", sagte er. Sie auszunehmen, würde es "sehr einfach machen, die Steuer vollständig zu umgehen".
Ohne den Datenverkauf blieben nach dem Kommissionsvorschlag nur noch zwei Einnahmequellen übrig: der Umsatz durch Werbeeinnahmen sowie Einnahmen durch Dienstleistungen digitaler Plattformen wie Suchmaschinen oder soziale Netzwerke.
Le Maire warnte vor einem Scheitern einer Lösung im Dezember. Die Besteuerung der Internet-Riesen sei für die EU-Bürger eine Frage der Gerechtigkeit, sagte er. Liefere Europa hier nicht, nähre das den Populismus und werde sich 2019 an den Wahlurnen zeigen.
(Y.Ignatiev--DTZ)