Tierschützer laufen Sturm gegen Verlängerung von betäubungsloser Ferkelkastration
Die Entscheidung der Koalitionsfraktionen für eine zweijährige Fristverlängerung bei der betäubungslosen Kastration von Ferkeln stößt bei Tierschützern auf scharfen Protest. Die Bundesregierung müsse "endlich der gesellschaftlichen Forderung nach einem Umbau der Tierhaltung gerecht werden", forderte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) am Montag. Neun weitere Verbände wandten sich in einem offenen Brief an die Bundestagsabgeordneten der SPD.
Darin fordern die Tier-, Verbraucher- und Umweltschutzverbände die Abgeordneten auf, im Bundestag mit einem klaren Nein gegen die geplante Fristverlängerung zu stimmen. Die große Koalition wolle Ende November mit einer Fraktionsinitiative im Bundestag die betäubungslose Ferkelkastration um zwei weitere Jahre verlängern, "obwohl es praktikable Alternativen gibt", kritisierten die Verbände.
Eigentlich sollten die Bauern in Deutschland laut Tierschutzgesetz zum Jahresende die chirurgische Kastration ohne Betäubung bei unter acht Tage alten männlichen Schweinen einstellen. Ab 1. Januar 2019 müsste dann ein Verfahren angewendet werden, das Schmerzen wirksam ausschaltet. Sofern das nicht möglich ist, müssten die Tierhalter auf eine chirurgische Kastration verzichten. Durch den neuen Gesetzentwurf von Union und SPD sollen die Betriebe nun mehr Zeit für die Umstellung erhalten.
Kritiker des Verbots, unter anderem die Bauern selbst, führen vor allem an, dass es bislang keine praktikablen Alternativmethoden zur Ferkelkastration gebe. Diese wird für notwendig gehalten, da männliche Schweine andernfalls den als unangenehm empfundenen Ebergeruch entwickeln können. Der Ausstieg aus der betäubungslosen Ferkelkastration stelle viele Sauenhalter zudem vor "gewaltigen Herausforderungen", warnte der Bauernverband. Nötig seien enorme Investitionen, die viele Betriebe überforderten.
Tierschützer kritisieren die betäubungslose Kastration von Ferkeln hingegen scharf und verweisen darauf, dass sich eine große Mehrheit der Verbraucher für eine artgerechtere Haltung von Nutztieren ausspreche. "Die Branche hatte jahrelang Zeit, sich auf die angekündigten Änderungen einzustellen", erklärte BUND-Agrarexpertin Katrin Wenz. "Wenn die große Koalition das Ausstiegsdatum jetzt kippt, verspielt sie jede Glaubwürdigkeit über die Verbindlichkeit beschlossener Gesetze."
(O.Tatarinov--DTZ)