EZB-Präsident Draghi "zuversichtlich" im Haushaltsstreit zwischen Italien und EU
EZB-Präsident Mario Draghi hat sich "zuversichtlich" gezeigt, dass sich die italienische Regierung und die EU-Kommission im Streit über die italienischen Haushaltspläne einigen. Noch seien die Zinsen, die Italien auf seine hohen Schulden zahlen muss, "nicht erheblich" gestiegen, sagte der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag in Frankfurt am Main. Allerdings: "Wenn die Zinsen weiter steigen, wird der Spielraum für Haushaltssteigerungen immer kleiner."
Die EU-Kommission hatte am Dienstag den Haushaltsentwurf der Regierung in Rom für das kommende Jahr zurückgewiesen, da sie darin "einen besonders schwerwiegenden Verstoß" gegen EU-Regeln sieht. Draghi mahnte, dass Länder mit einer hohen Verschuldung sich unbedingt an die Finanzvorgaben der Eurozone halten sollten. Italiens Staatsschulden belaufen sich auf mehr als 130 Prozent der Wirtschaftskraft - erlaubt sind eigentlich nur 60 Prozent.
Für die Eurozone als ganzes seien die Risiken weiterhin "ausgeglichen", sagte Draghi. Protektionismus, instabile Schwellenländer und Schwankungen auf dem Finanzmarkt seien nach wie vor bedeutende Gefahren für die europäische Wirtschaft.
Draghi zufolge verliert die Wirtschaft an Schwung, es handle sich aber nicht um einen Abschwung. Stattdessen seien die Firmen voll ausgelastet und es fehle zunehmend an Arbeitskräften. Vergangenes Jahr sei die Wirtschaft über ihre Verhältnisse gewachsen, nun kehre sie auf ein normales Maß zurück.
Da sich auch die Inflationsrate auf einem guten Weg befinde, gebe es keinen Grund, die aktuelle Geldpolitik zu verändern. So beließ der EZB-Rat den Leitzins wie erwartet bei 0,0 Prozent.
Auch die beiden anderen wichtigen Zinssätze ließen die Zentralbanker unverändert: Lagern Banken ihr Geld kurzfristig bei der EZB ein, statt es an Unternehmen zu verleihen, zahlen sie weiterhin einen Strafzins von 0,4 Prozent. Bei kurzfristigen Kapitalspritzen und sogenannten Übernachtkrediten werden wie bisher 0,25 Prozent Zinsen fällig. An diesem Kurs wollen die obersten Währungshüter der Eurozone auch mindestens bis nächsten Sommer festhalten.
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, äußerte die Einschätzung, dass Sparer noch deutlich länger auf steigende Zinsen warten müssen. Der Grund: Aktuell wird die Teuerung vor allem durch steigende Energiepreise getrieben. Die sogenannte Kerninflation, bei der schwankungsanfällige Faktoren wie der Ölpreis ausgeklammert sind, sei aber immer noch schwach.
Im Streit zwischen der EU-Kommission und Italien seien Draghi mandatsmäßig die Hände gebunden, erklärte Fratzscher. "Eine stärkere Unterstützung Italiens durch die EZB ist derzeit also nicht zu erwarten."
Wie angekündigt kauft die EZB weiterhin Anleihen von Staaten und Unternehmen, um die Finanzmärkte zu stabilisieren. Sie reduzierte aber Anfang Oktober den Betrag um die Hälfte auf 15 Milliarden Euro monatlich bis Ende des Jahres. Ab Januar 2019 will die EZB kein frisches Geld mehr ausgeben. Allerdings hält sich die Zentralbank noch ein Türchen offen, falls sich die Nachrichten in den kommenden Wochen bedeutend verschlechtern.
Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung ZEW hält das mit Blick auf die populistische Regierung in Italien für einen Fehler. "Aufgrund der Unentschlossenheit im EZB-Rat könnte nun in Rom das Missverständnis entstehen, dass die EZB mit dem Ende der Anleihekäufe zurückrudern könnte", sollten die Zinsen auf italienische Staatsanleihen zu stark steigen.
Durch die Käufe habe die EZB bislang indirekt das italienische Haushaltsdefizit finanziert. "Jetzt steht ein kalter Entzug an. Je früher dieser beginnt, umso heilsamer für den Patienten", erklärte Heinemann.
(Y.Ignatiev--DTZ)