Neuer Deutschland-Takt soll Bahnverkehr attraktiver machen
Dank eines neuen bundesweiten Taktsystems soll der Bahnverkehr in Deutschland künftig pünktlicher, schneller und verlässlicher werden - und damit auch attraktiver für die Kunden. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sprach am Dienstag vom "größten Vorhaben im Eisenbahnbereich seit der Bahnreform 1994". Das Ziel sei kein geringeres, als die Zahl der Fahrgäste bis zum Jahr 2030 "mal eben zu verdoppeln".
Realisiert werden soll das Projekt durch das Zukunftsbündnis Schiene, zu dem sich Politik, Unternehmen, Verbände und Gewerkschaften zusammengeschlossen haben. Es stellte am Dienstag in Berlin einen Gutachterentwurf für den sogenannten Deutschland-Takt vor.
Der Bahnverkehr in Deutschland soll demnach ab 2020 auf einen bundesweiten Taktfahrplan umgestellt werden, der bis 2030 voll umgesetzt sein soll. Konkret bedeutet das, dass im gesamten Land ein aufeinander abgestimmter Zugfahrplan gelten soll - von regionalen Strecken bis hin zu den großen Hauptverkehrsadern.
Dabei sollen auch Nah- und Fernverkehr besser miteinander verzahnt werden. Für Bahnkunden bedeute das "optimale Verbindungen, kürzere Aufenthalte an den Bahnhöfen und kürzere Fahrzeiten", versprach Scheuer. "Die Züge sind künftig öfter und schneller überall."
Vorbild für den Deutschland-Takt ist die Schweiz. Dort wurde schon 1982 der landesweit erste integrale Taktfahrplan eingeführt. Der Deutschland-Takt soll folgendermaßen funktionieren: Züge fahren jede Stunde, in jede Richtung, zur selben Minute. Alle Fernzüge fahren in einem Takt von 60 oder auf Hauptachsen von 30 Minuten. Der Fahrplan lässt sich so leicht merken, ist zuverlässig und planbar.
In Knotenbahnhöfen treffen sich die Züge jede Stunde zur selben Minute. Die Züge halten gemeinsam einige Minuten und ermöglichen einen bequemen Umstieg. Gilt der Fahrplan auf der Schiene, lassen sich selbst die entferntesten Regionalbuslinien mit dem Bahnverkehr abstimmen.
So soll der gesamte öffentliche Verkehr zu einem System zusammenwachsen und den Kunden auch bei der Reisezeit Vorteile bringen. Dank optimierter Anschlüsse soll sich etwa die Reisezeit zwischen Stuttgart und Hamburg von gut fünf Stunden auf knapp viereinhalb verkürzen, von Berlin nach Düsseldorf von rund viereinviertel Stunden auf gut dreieinhalb.
Dem Bahnverkehr komme bei der modernen Mobilität eine "Schlüsselrolle" zu, sagte Scheuer. Der Deutschland-Takt könne dabei den Zuspruch der Menschen für das System Schiene erhöhen und "Lust und Leidenschaft" wecken. "Gemeinsam wollen wir bis 2030 die Zahl der Fahrgäste verdoppeln und mehr Güter auf die Schiene holen", sagte Scheuer. "Und das bei gutem Service und hoher Qualität".
Beteiligt am Zukunftsbündnis Schiene sind unter anderem Unternehmen aus der Industrie wie Siemens, Alstom und Bombardier, aber auch Bündnisse wie die Allianz pro Schiene. Bahnverbände begrüßten den Start als "wichtigen Schritt für die im Koalitionsvertrag formulierten Ziele zur Verkehrsverlagerung auf die Schiene".
Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt bezeichnete einen funktionierenden Deutschland-Takt für den öffentlichen Verkehr als "überfällig". Nun müssten dafür aber auch die Voraussetzungen geschaffen werden. Dazu brauche es einen Paradigmenwechsel in der Verkehrspolitik: "Statt immer nur Neues zu bauen und viele Milliarden in wenige Großprojekte zu stecken, muss die bestehende Infrastruktur gut funktionieren", forderte die Grünen-Politikerin.
Weitere Ziele des Zukunftsbündnisses Schiene sind der Ausbau der Kapazitäten durch Milliardeninvestitionen in Netz und Technik, die Elektrifizierung des Schienenverkehrs sowie die Stärkung des Wettbewerbs für eine größere Flexibilität im Bahnverkehr. Die Lärmbelastung soll gesenkt werden, um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen.
(Y.Ignatiev--DTZ)