EuGH-Rechtsgutachter: EZB-Anleiheankäufe verstoßen nicht gegen EU-Recht
Die milliardenschweren Anleiheankäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) verstoßen nach Auffassung des Rechtsgutachters des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nicht gegen EU-Recht. Zu diesem Schluss kam der Experte Melchior Wathelet am Donnerstag in seinen Schlussanträgen. Kritiker werfen der EZB vor, mit den Ankäufen ihr auf Geldpolitik beschränktes Mandat zu überschreiten. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hatte sich an den EuGH gewandt - die Luxemburger Richter folgen in den allermeisten Fällen den Empfehlungen des Rechtsgutachters.
Die EZB hatte im März 2015 ein großangelegtes Programm von Anleiheankäufen von Euroländern gestartet. Hintergrund war die niedrige Inflationsrate und die Sorge der EZB vor einer Deflation, also vor rückläufigen Preisen. Dies würde die wirtschaftliche Entwicklung hemmen. Bislang hat die Zentralbank deshalb rund 2,5 Billionen Euro zur Stabilisierung der Konjunktur in die Finanzmärkte gepumpt.
Kritiker wie der frühere CSU-Politiker Peter Gauweiler und der AfD-Parteigründer Bernd Lucke hatten dagegen geklagt: Auf Umwegen würde so das Geld deutscher Steuerzahler zur Tilgung der Schulden anderer verwendet. Das Bundesverfassungsgericht erklärte in der Angelegenheit im August 2017, es sehe in der Tat deutliche Anzeichen für einen Verstoß gegen das EU-Recht sowie das Grundgesetz.
Das Vorgehen der EZB laufe möglicherweise auf eine monetäre Staatsfinanzierung hinaus und Staaten wie Deutschland würden mit in die Finanzverantwortung anderer Länder gezogen, erklärten die Karlsruher Richter damals. Zudem könnten Staaten und Banken davon ausgehen, dass Anleihen letztlich von der EZB gekauft würden. Eine solche Beeinflussung der Märkte gehe womöglich über das geldpolitische Mandat der EZB hinaus.
Der EuGH-Rechtsgutachter Wathelet widersprach diesen Bedenken nun in allen Punkten. Weder habe die EZB das Verbot der monetären Staatsfinanzierung missachtet, noch ihr Mandat überschritten. Wathelet empfahl dem Luxemburger Gericht, dem Bundesverfassungsgericht zu antworten, dass es keinen Anlasse gebe, die Gültigkeit der Entscheidung EZB anzuzweifeln.
Ein abschließendes Urteil könnte noch vor Ende des Jahres fallen. Die Luxemburger Richter folgen in den allermeisten Fällen den Empfehlungen des Gutachters. Danach würde das Bundesverfassungsgericht voraussichtlich eine mündliche Verhandlung zu den Klagen von Gauweiler und anderen ansetzen.
Zum Aufkauf von Staatsanleihen hatte das Bundesverfassungsgericht schon einmal den EuGH angerufen. Damals ging es um die Ankündigung von EZB-Chef Mario Draghi 2012, Staatsanleihen wenn nötig in unbegrenzter Menge aufzukaufen. Der EuGH urteilte, dass das Programm letztlich geldpolitische Gründe gehabt hatte. Das Bundesverfassungsgericht wies die Beschwerde daraufhin im Juni 2016 ab.
Das aktuelle Anleiheankaufprogramm läuft in diesem Jahr aus. Die EZB reduzierte die monatlichen Ankäufe Anfang dieses Jahres von 60 Milliarden Euro auf 30 Milliarden Euro und Anfang Oktober auf 15 Milliarden Euro. Ende 2018 soll Schluss sein.
(A.Stefanowych--DTZ)