Tierschutz: WWF wirft Backwarenfirmen massive Überproduktion vor
Die Umweltorganisation WWF wirft Backwarenfirmen eine teils massive Überproduktion vor. In manchen Geschäften bleibe jede fünfte Backware liegen, heißt es in einer am Donnerstag in Berlin vorgestellten Studie zur Lebensmittelverschwendung bei Bäckereien und Backshops. Dafür seien nicht nur die Verbraucher verantwortlich - mittlere bis große Backwarenunternehmen hätten Verluste von bis zu 19 Prozent der produzierten Menge.
Nicht verkaufte Backwaren gehen in die sogenannte Retoure. Sie werden dann entweder gespendet, zu Tierfutter oder Biogas verarbeitet oder aber zu Brot- oder Semmelmehl. Manche Bäckereien verkaufen das Altbrot zu verbilligten Preisen, ein kleiner Teil landet auch im Abfall.
Der WWF-Studie zufolge gibt es in kleinen Handwerksbetrieben weitaus weniger Retouren als in größeren Unternehmen. Positive Spitzenreiter liegen demnach bei gerade einmal einem Prozent. Dagegen retournieren mittlere bis große Backunternehmen durchschnittlich zwischen zwölf und 15 Prozent ihrer Ware. WWF beziffert die Verluste bei Backwaren Schätzungen zufolge auf insgesamt etwa 1,7 Millionen Tonnen pro Jahr.
Das bedeute, dass die Ernte von knapp 400.000 Hektar Ackerland verschwendet werde, einer Fläche, die größer als Mallorca ist. Zudem würden unnötige 2,46 Millionen Tonnen Treibhausgase ausgestoßen, heißt es weiter.
Jörg-Andreas Krüger, Abteilungsleiter Ökologischer Fußabdruck beim WWF Deutschland, sprach von einer "schizophrenen" Situation: "Um Ernteerträge zu maximieren, wird der Anbau intensiviert." Pestizide und die im Getreideanbau übliche Stickstoffdüngung belasteten zum Schluss der Wachstumsperiode die Umwelt. "Zugleich schmeißen wir säckeweise die aus dem Getreide produzierten Lebensmittel weg", kritisierte Krüger. Auch angesichts der diesjährigen Trockenheit und den Ernteverlusten sei diese Verschwendung problematisch.
Die Umweltorganisation hob hervor, dass es wie in anderen Bereichen der Lebensmittelverschwendung auch bei Brot-und Backwaren an belastbaren Daten fehle. "Pikanterweise sind es wohl die Finanzämter, die als einzige Behörde dank der Gewinn- und Verlustangaben exakt sagen könnten, wieviel Backwaren produziert und weggeschmissen werden", erklärte Krüger. Er forderte eine transparentere und bessere Datengrundlage sowie verbindliche Reduktionsziele.
Lebensmittelüberschüsse wie Backwaren-Retouren können als Verluste steuerlich geltend gemacht werden. Politik und Fiskus müssten auch ein finanzielles Interesse daran haben, diese bis 2030 zu halbieren, erklärte der WWF. Der Verband forderte hierzu eine nationale Strategie mit klar definierten, verbindlichen Zielvorgaben. Aber auch Verbraucher und Wirtschaft müssten umdenken.
Problematisch ist der Studie zufolge zudem die Verarbeitung von mindestens 400.000 Tonnen überschüssigen Backwaren pro Jahr zu Tierfutter. Laut WWF wird das Brot mitsamt den Verpackungen maschinell zerkleinert, um es danach von diesen Rückständen zu befreien. Es sei davon auszugehen, dass Plastikteilchen - insbesondere Mikroplastik - dabei nicht zuverlässig entfernt werden. Diese Praxis sei "äußerst fragwürdig", da Plastik so in die menschliche Nahrungskette gelangen könne. (M.Dorokhin--DTZ)