Deutsche Tageszeitung - Seit der Wiedervereinigung in Deutschland deutlich mehr Befristungen und Mini-Jobs

Seit der Wiedervereinigung in Deutschland deutlich mehr Befristungen und Mini-Jobs


Seit der Wiedervereinigung in Deutschland deutlich mehr Befristungen und Mini-Jobs
Seit der Wiedervereinigung in Deutschland deutlich mehr Befristungen und Mini-Jobs / Foto: ©

Seit der Wiedervereinigung hat sich der Arbeitsmarkt im gesamten Deutschland stark verändert: Während die Zahl der Normalarbeitsverhältnisse von 1991 bis 2017 um 4,4 Prozent abnahm, stieg die Zahl sogenannter atypischer Beschäftigungsverhältnisse wie Befristungen, Teilzeit oder Mini-Jobs drastisch an. Dabei gibt es allerdings nach einer Auswertung der Linken-Bundestagsabgeordneten Susanne Ferschl, die der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch vorlag, deutliche Unterschiede zwischen Ost und West.

Textgröße ändern:

Ferschl beruft sich auf die Ergebnisse des Mikrozensus des Statistischen Bundesamts zur Entwicklung von Arbeitsverhältnissen. Demnach gab es 2017 im gesamten Bundesgebiet 33,5 Millionen abhängig Beschäftigte, 6,6 Prozent mehr als 1991. Davon arbeiteten 25,7 Millionen Menschen in regulären Vollzeit-Arbeitsverhältnissen oder in Teilzeit von mindestens 20 Wochenstunden. Das waren 4,4 Prozent weniger als 1991.

Die Zahl atypisch Beschäftigter stieg im gleichen Zeitraum um 74 Prozent auf 7,7 Millionen. Davon waren 2,5 Millionen Menschen befristet beschäftigt (plus 29,5 Prozent), 4,7 Millionen arbeiteten in Teilzeit unterhalb von 20 Stunden (plus 87,4 Prozent), 2,1 Millionen waren geringfügig beschäftigt (plus 238,8 Prozent) und 932.000 arbeiteten in Leiharbeitsverhältnissen (plus 65 Prozent - Vergleichsjahr hier 2006).

Bei der Teilzeit betraf der Zuwachs überdurchschnittlich stark die Arbeitsverhältnisse von Männern, während der Teilzeit-Anteil bei Frauen auch zuvor bereits stärker ausgeprägt war. Gleichwohl nahm auch bei Frauen die Zahl der Teilzeitarbeitsverhältnisse von mehr als 20 Stunden von 1991 bis 2017 noch einmal um 94,3 Prozent zu, von weniger als 20 Stunden um 69,9 Prozent. Bei den Männern betrug die Zunahme bei Teilzeit von mehr als 20 Stunden hingegen 398 Prozent, von weniger als 20 Stunden 359 Prozent. Gleichwohl bleibt der Teilzeit-Anteil von Frauen deutlich höher als der von Männern.

In den neuen Ländern einschließlich Berlin nahm die Gesamtzahl der abhängig Beschäftigten von 1991 bis 2017 um 18,2 Prozent auf 6,4 Millionen ab. Bei den Normalarbeitsverhältnissen (einschließlich Teilzeit von mehr als 20 Stunden) betrug der Rückgang sogar 23,6 Prozent. Die Zahl atypischer Beschäftigungsverhältnisse nahm im Osten um 19,6 Prozent zu, vor allem wegen eines drastischen Zuwachses bei Mini-Jobs, deren Zahl sich mehr als versechsfachte, sowie eines Zuwachses um 144 Prozent bei Teilzeit unter 20 Stunden.

"Es gibt wenig Grund zum Feiern. 28 Jahre nach der Wiedervereinigung verläuft die Spaltung der Gesellschaft zwischen Oben und Unten, zwischen Arm und Reich", sagte Ferschl zu AFP. Dabei seien von der Zunahme prekärer Beschäftigungsverhältnisse im Grundsatz sowohl die Menschen in Ost- wie auch in Westdeutschland betroffen, wenn auch in unterschiedlichem Maße.

Die Wiedervereinigung habe insgesamt "der neoliberalen Deregulierung von Arbeit Aufschwung verliehen", kritisierte Ferschl. Dies habe die Ostdeutschen bereits Anfang der 1990er Jahre hart getroffen, "hat aber auch den Westen nicht verschont". Ferschl forderte "eine soziale und beschäftigungspolitische Wende", um die Spaltung der Gesellschaft zu überwinden.

(W.Uljanov--DTZ)

Empfohlen

Gewerkschaft: US-Flugzeugbauer Boeing hat neues Angebot in Tarifkonflikt vorgelegt

Im seit Wochen andauernden Tarifkonflikt hat der US-Flugzeugbauer Boeing nach Gewerkschaftsangaben ein neues Angebot mit verbesserten Konditionen vorgelegt. "Ihre Gewerkschaft befürwortet und empfiehlt den jüngsten" Vertragsvorschlag, erklärte die zuständige Sektion der Gewerkschaft IAM, die mehr als 33.000 streikende Boeing-Beschäftigte in der Gegend von Seattle vertritt. "Es ist an der Zeit, dass unsere Mitglieder diese Errungenschaften festhalten und selbstbewusst den Sieg verkünden." Eine Abstimmung der Mitglieder soll laut Website der IAM-Sektion am Montag stattfinden.

OpenAI will ChatGPT zu Suchmaschine ausbauen und Google Konkurrenz machen

Das US-KI-Unternehmen OpenAI will mit einer Suchfunktion bei seinem Chatbot ChatGPT dem Marktriesen Google Konkurrenz machen. ChatGPT Search soll eine Erweiterung der Künstlichen Intelligenz (KI) ChatGPT sein und für die Nutzer Links zu relevanten Websites generieren, "für die man zuvor eine Suchmaschine benutzen musste", kündigte OpenAI am Donnerstag auf seinem Blog an. Die Betreiber von Websites könnten entscheiden, ob sie in den Suchergebnissen des ChatGPT-Updates erscheinen wollten oder nicht, hieß es weiter.

UNO warnt vor Hungersnöten im Gazastreifen und anderen Weltregionen

Die UNO hat vor verschärften Hungersnöten in den kommenden Monaten im Gazastreifen, im Sudan und Südsudan, Mali, Haiti sowie weiteren Weltregionen gewarnt. Zunehmende bewaffnete Konflikte könnten sich in Verbindung mit klimatischen und wirtschaftlichen Faktoren auf die Nahrungsmittelversorgung von Millionen Menschen auswirken, heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht des Welternährungsprogramms (WFP) und der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO). Die UN-Unterorganisationen riefen zur Ausweitung humanitärer Hilfen und Waffenruhen auf.

Keine Einigung bei dritter Metall-Tarifrunde - aber "konstruktive Atmosphäre"

Die dritte Verhandlungsrunde für die Beschäftigen der Metall- und Elektroindustrie hat weiter keine Annäherung gebracht. Wie in den Tarifgebieten Niedersachsen und Küste am Dienstag und Bayern am Mittwoch gab es auch in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg am Donnerstag kein Ergebnis, wie beide Seiten mitteilten. Der Arbeitgeberverband in Baden-Württemberg, Südwestmetall, sprach aber von einer "konstruktiven und ergebnisorientierten Atmosphäre". Die IG Metall kündigte weitere Warnstreiks an.

Textgröße ändern: