Umweltministerium akzeptiert bei CO2-Grenzwerten Vorschlag der EU-Kommission
Die Bundesregierung ist im Streit über die künftigen EU-Regeln für die CO2-Emissionen bei Neuwagen auf eine einheitliche Linie eingeschwenkt. Das Bundesumweltministerium von Svenja Schulze (SPD) entschloss sich dazu, den Vorschlag der Brüsseler Behörde für eine Reduktion von 30 Prozent des durchschnittlichen CO2-Ausstoßes nicht zu blockieren, wie ein Sprecher am Mittwoch in Berlin sagte. Bei Umweltverbänden stieß diese Entscheidung auf scharfe Kritik.
Nach einem Gespräch zwischen Schulze und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) habe das Umweltministerium zur Kenntnis nehmen müssen, dass Altmaiers Ministerium nicht bereit sei, über den Kommissionsvorschlag hinauszugehen, sagte der Sprecher. Es habe deshalb in dieser Frage zwei Optionen gegeben, entweder zu blockieren oder nicht. "Wir haben uns für die Möglichkeit entschieden, die besser für die Umwelt ist", sagte er. "Richtig gut für die Umwelt ist keine von beiden", fügte er hinzu.
Die Kommission in Brüssel hatte im November 2017 eine Reduktion von 30 Prozent der durchschnittlichen CO2-Emissionen vorgeschlagen, um die Umweltverschmutzung zu reduzieren und zugleich die Umstellung auf alternative Antriebsarten zu forcieren. Für 2025 soll demnach außerdem ein Zwischenziel von durchschnittlich 15 Prozent weniger Emissionen eingeführt werden.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich erst am Dienstag für den Vorschlag der Kommission ausgesprochen und diesen beim Tag der Deutschen Industrie als "vernünftige Grundlage" bezeichnet. Alles, was über diesen Vorschlag hinausgehe, berge hingegen die Gefahr, "dass wir die Automobilindustrie aus Europa vertreiben", sagte die Kanzlerin.
Ein Sprecher Altmaiers sagte am Mittwoch, die Vorschläge der Kommission seien ja schon ein "sehr ambitioniertes Ziel". Dieses solle aber nicht nur ambitioniert, "sondern auch erreichbar" sein.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisierte die Bundesregierung hingegen für ihren "industriefreundlichen Kurs bei CO2-Flottengrenzwerten". Abermals zeige sich, dass die Industrie die Richtung bestimme. "Die deutsche Regierung handelt wider besseren Wissens und Gewissens, denn klar ist, dass so die Klimaziele im Verkehr definitiv nicht erreicht werden", erklärte Vize-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz.
Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan warf der Bundesregierung eine "gestrige Politik" vor, mit der die Kanzlerin und die SPD-Spitze die Autohersteller in einer Sicherheit wögen, die es längst nicht mehr gebe. "Statt die Branche mit ehrgeizigen Grenzwerten endlich zu mehr Innovationen anzustacheln, wird sich der Rückstand gegenüber den neuen Anbietern sauberer Verkehrsformen nur noch weiter vergrößern", kritisierte er.
Ähnlich äußerte sich der ökologisch orientierte Verkehrsclub VCD. "Die Position Deutschlands bei den CO2-Grenzwerten für Pkw ist ein Armutszeugnis", erklärte VCD-Klimaexperte Michael Müller-Görnert. "Die schwachen Vorgaben setzen Null Anreize für den notwendigen Umstieg auf emissionsfreie Antriebe". Es sei "ernüchternd", dass sich das federführende Umweltministerium in einer so wichtigen Entscheidung überstimmen lasse.
Der VCD setze nun auf das Europaparlament und die anderen EU-Staaten, um noch eine Korrektur einzuleiten. Derzeit debattiert das Europäische Parlament über den Kommissionsvorschlag - der Umweltausschuss votierte kürzlich für eine Senkung bis 2030 um sogar 45 Prozent.
(N.Loginovsky--DTZ)