SPD und Grüne fordern nach Brandbrief von Bahn-Chef Politik zum Handeln auf
Nach dem Brief von Bahn-Chef Richard Lutz an die Führungskräfte zur schwierigen Lage des Unternehmens haben SPD und Grüne Konsequenzen von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) gefordert. Der Minister sei als "Vertreter des Eigentümers" Bund in der Verantwortung, sich um die Bahn AG zu kümmern, sagte SPD-Fraktionsvize Sören Bartol. Die Gewerkschaft EVG forderte vom Bahnvorstand am Dienstag eine "Trendwende" in Sachen Pünktlichkeit und Qualität.
"Wir brauchen eine funktionierende Deutsche Bahn, damit wir flächendeckend in ganz Deutschland Stadt und Land zuverlässig an den Schienenverkehr anbinden können", sagte Bartol den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND). Die Lage bei der Bahn erfordere "klare Kontrolle und Führung".
Die dortigen Führungskräfte müssten stärker zum Erreichen volkswirtschaftlicher Ziele verpflichtet werden - etwa der Steigerung des Marktanteils der Schiene, sagte der SPD-Politiker den Zeitungen. Dazu sei im Koalitionsvertrag eine Satzungsänderung verabredet worden. Minister Scheuer habe dafür "bisher noch keinen Vorschlag" vorgelegt.
Am Montag war ein Brief von Lutz und seinen fünf Vorstandskollegen an die Führungskräfte der Bahn bekannt geworden, in dem der Unternehmenschef die "verschlechterte" Lage schildert und einen härteren Sparkurs ankündigt. Der Staatskonzern liege bei der Pünktlichkeit und beim Gewinn deutlich unter den selbst gesteckten Zielen, heißt es in dem Schreiben.
Der Grünen-Verkehrspolitiker Cem Özdemir bezeichnete den Brief als ein "schrillendes Alarmsignal in Richtung Bundesregierung, das selbst von einem CSU-Verkehrsminister nicht mehr länger überhört werden kann". Das Problem bei der Bahn lasse sich "nicht dauerhaft mit Geld zustopfen".
Die Ursache liege zum einen darin, dass die Politik seit Jahren einseitig auf den Straßenverkehr setze. Außerdem sei der Konzern gescheitert, die Bahn zu einem "international agierenden Logistikchampion umzubauen", sagte Özdemir dem RND. Die Bahn müsse ihr Kerngeschäft wieder in den Mittelpunkt rücken, forderte er.
Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) mahnte, im Mittelpunkt müssten "Pünktlichkeit und Qualität" der Bahn stehen, das sei der Schlüssel zum Erfolg. Letztlich wollten nicht nur die Kunden, sondern auch die Kollegen eine "verlässliche Eisenbahn", erklärte der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner. Es sei aber zweifelhaft, ob dieses Ziel mit einer Ausgabensteuerung erreicht werden könne.
"Die Führungskräfte müssen endlich raus aus ihren Bürotürmen und wieder mehr auf die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner hören, die das Geschäft kennen", forderte Kirchner. Letztlich sei aber auch der Bund als Eigentümer gefordert. Das im Koalitionsvertrag festgeschriebene Ziel, die Schiene als Verkehrsträger zu stärken, müsse "mit Leben" gefüllt werden.
Ein Bündnis von Bahnverbänden bescheinigte der neuen Regierung seit ihrem Amtsantritt unterdessen eine "neue Ernsthaftigkeit" in der Eisenbahnpolitik, mahnte aber ebenfalls mehr Entschlossenheit bei der Verkehrswende an. Nötig sei "mehr Kostengerechtigkeit im Verkehr". Die Mittel für die Schiene bis 2021 würden weiter sinken, während für den Autobahnbau "Rekordsummen fließen", kritisierten die Verbände, darunter die Allianz pro Schiene, der Verband der Bahnindustrie und der Verkehrsclub Deutschland.
(A.Stefanowych--DTZ)