Wirtschaft: Lufthansa stärkt Marktmacht mit Kauf von Teilen von Air Berlin
Deutschlands größte Fluggesellschaft Lufthansa stärkt ihre Marktmacht: Der Konzern einigte sich mit der insolventen Air Berlin auf den Kauf großer Unternehmensteile, wie die Fluggesellschaft am Donnerstag mitteilte. Die Verhandlungen mit der Interessentin Easyjet dauerten demnach weiter an. Arbeitnehmervertreter sorgten sich vor allem um das Schicksal von tausenden Mitarbeitern von Air Berlin. Die Lufthansa-Aktie legte unterdessen an der Börse kräftig zu.
Lufthansa übernehme die Air-Berlin-Tochtergesellschaft LGW und den österreichischen Ableger Niki sowie 20 weitere Flugzeuge, teilte Air Berlin am Donnerstagnachmittag mit. Der Abschluss garantiere den "Erhalt aller Arbeitsplätze" bei Niki und LGW und eröffne zusätzlich Perspektiven für "mehrere tausend Mitarbeiter" von Air Berlin, hieß es. Die Verhandlungen mit der britischen Fluggesellschaft Easyjet, die ebenfalls Interesse an Air Berlin geäußert hatte, dauerten demnach noch an. Air Berlin hatte Mitte August Insolvenz angemeldet und danach Kaufangebote angenommen. Anschließend verhandelte die Airline zunächst exklusiv mit Lufthansa und Easyjet.
Der Generalbevollmächtigte Frank Kebekus zeigte sich erfreut, mit der Lufthansa "einen starken Partner gefunden" zu haben. Jetzt gehe es darum, "auch mit anderen Bietern die Verträge unterschriftsreif auszuhandeln", erklärte er. Lufthansa-Chef Carsten Spohr sagte am Donnerstag in Berlin, auch Condor habe Interesse. Er sei "sicher", dass es neben der Lufthansa letztlich noch "ein, zwei andere Käufer geben" werde.
Spohr sagte zudem, dass ein nahtloser Übergang für die Wettbewerber, die Teile von Air Berlin übernehmen, nicht möglich sein werde. Er rechne mit Lücken im Luftverkehr, die "nach sechs bis neun Monaten" geschlossen sein dürften. Die Air-Berlin-Mitarbeiter sollen nach Spohrs Angaben bei Eurowings Europe eingestellt werden, "mit deutschen Arbeitsverträgen". Dabei solle die Air-Berlin-Erfahrung angerechnet werden.
Die Vereinbarungen der Unternehmen stehen unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch den Gläubigerausschuss, den Sachwalter im Insolvenzverfahren sowie die EU-Wettbewerbsbehörde. "Aufatmen" könne Air Berlin erst, wenn die EU-Kommission die Transaktion final bestätigt habe, erklärte Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann.
Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) sprach von einem "guten ersten Schritt". Lufthansa sei ein "verlässlicher starker Partner". Die Verhandlungen über die restlichen Unternehmensteile müssten nun zu einem schnellen Ende gebracht werden. Der "Bild"-Zeitung sagte Zypries zudem, sie gehe davon aus, dass die Einigung in Brüssel Bestand habe und "alle Beteiligten bedacht" hätten, dass der Wettbewerb gesichert sein müsse. An der Börse legte die Lufthansa-Aktie am Nachmittag um 2,90 Prozent zu. Das trieb den Dax in die Höhe: Der Leitindex durchbrach zum ersten Mal überhaupt die Marke von 13.000 Punkten.
Die Gewerkschaft Verdi erklärte, für die Teile von Air Berlin, die Lufthansa erwerben wolle, arbeiteten rund 3000 Menschen. Mit dem Kauf von Niki und LGW garantiere die Airline aber nur für 1450 Beschäftigte einen Arbeitsplatz. Für den Anteil an der Flotte sei eine Übernahme von Beschäftigten nicht beabsichtigt, stattdessen müssten sich Interessenten neu bewerben. Das sei "ungewöhnlich und rechtlich umstritten". Verdi forderte, die Lufthansa müsse für betroffene Arbeitnehmer Übernahmeregelungen vereinbaren.
Die Vereinigung Cockpit forderte die Lufthansa ebenfalls dazu auf, die "soziale Verantwortung für die Arbeitsplätze" zu übernehmen. Es könne nicht sein, dass sich Piloten nach der Übernahme auf ihre eigenen Jobs bewerben müssen.
Air Berlin rechnet spätestens zu Ende Oktober mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Ab dem 28. Oktober ist zudem ein eigenwirtschaftlicher Flugverkehr unter dem Code AB für Air Berlin nicht mehr möglich, bereits an diesem Sonntag werden die letzten Langstreckenflüge der insolventen Airline eingestellt. (P.Vasilyevsky--DTZ)