Deutsche Tageszeitung - Österreich zieht gegen deutsche Pkw-Maut vor EuGH

Österreich zieht gegen deutsche Pkw-Maut vor EuGH


Österreich zieht gegen deutsche Pkw-Maut vor EuGH
Österreich zieht gegen deutsche Pkw-Maut vor EuGH / Foto: ©

Österreich macht seine angekündigte Drohung wahr und zieht gegen die umstrittene deutsche Pkw-Maut vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH). "Die deutsche Maut ist eine Ausländermaut", sagte der österreichische Verkehrsminister Jörg Leichtfried am Donnerstag zur Begründung. Der CSU-Europapolitiker Markus Ferber äußerte Unverständnis und bezeichnete die Kritik an der Maut aus Österreich und anderen EU-Staaten als "nicht fair".

Textgröße ändern:

"Deutsche zahlen nicht, weil sie Deutsche sind. Österreicher zahlen, weil sie Österreicher sind", kritisierte Leichtfried. Beim EuGH in Luxemburg werde deshalb noch am Donnerstag eine Klage eingereicht. Österreich habe bei seinem Vorgehen "wohlwollende Unterstützung" von anderen EU-Staaten wie den Niederlanden und Italien, fügte Leichtfried hinzu.

Die EU-Kommission habe die Augen bei der deutschen Pkw-Maut "fest zugedrückt", sagte Leichtfried weiter. Die Europäische Union müsse aber eine Solidargemeinschaft sein, es dürfe nicht das Gesetz des Stärkeren gelten. Die Kommission in Brüssel habe es versäumt, für "Recht und Fairness" zu sorgen.

Die Behörde hatte im Juni 2015 ein Vertragsverletzungungsverfahren wegen der Pkw-Maut gegen Deutschland eingeleitet, im Mai aber eingestellt. Die ursprünglichen Bedenken, dass ausländische Autofahrer gegenüber Deutschen diskriminiert würden, seien durch Nachbesserungen an der Maut aufgehoben worden, hieß es seitens der Kommission. Gleichwohl stehe die EU-Kommission bereit, im "Rechtsstreit zwischen Österreich und Deutschland" zwischen beiden Seiten zu vermitteln, wenn sie darum gebeten werde, sagte ein Kommissionssprecher am Donnerstag in Brüssel.

Die Pkw-Maut, die in der nächsten Legislaturperiode starten soll, ist auch in Deutschland umstritten. Autofahrer müssen dann für die Benutzung deutscher Autobahnen Vignetten kaufen, deren Preise vom Hubraum und der Umweltfreundlichkeit des Autos abhängen. Die Vignetten gibt es für verschiedene Zeiträume.

Deutsche Autobesitzer sollen über die Kfz-Steuer entlastet werden - wer ein besonders umweltfreundliches Fahrzeug hat, erhält einen "ökologischen Bonus" und wird stärker entlastet. Die Gesetzgebung hatte Ende März den Bundesrat passiert, nachdem der Bundestag bereits grünes Licht gegeben hatte. Unmittelbar danach hatte Leichtfried bereits Klage vor dem EuGH angekündigt.

Der verkehrspolitische Sprecher der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament, Ismail Ertug, begrüßte das Vorgehen Österreichs. Für die Klage vor dem EuGH gebe es gute Erfolgschancen, erklärte der SPD-Europapolitiker. Bundesverkehrsminsiter Alexander Dobrindt (CSU) sei "naiv" gewesen, zu glauben, "dass sich die anderen EU-Mitgliedstaaten dieser offensichtlich diskriminierenden Maut einfach beugen". Die Mautpläne seien mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar.

SPD-Fraktionsvize Sören Bartol forderte, die Einführung der Pkw-Maut bis zur Entscheidung über die Klage Österreichs zu stoppen. Die Gefahr sei "zu groß, dass ansonsten Millionen Steuergelder verbrannt werden", warnte er. So lange nicht klar sei, ob die Pkw-Maut am Ende nicht doch vor Gericht scheitere, dürften keine Steuergelder in die Vorbereitung der Pkw-Maut fließen.

Auch der Grünen-Verkehrsexperte Oliver Krischer erklärte, die Klage müsse "Anlass für die amtierende Bundesregierung sein, die millionenschwere Einführung sofort auszusetzen". Heftige Kritik an der Maut gebe es nicht nur in Österreich, sondern auch in anderen Nachbarländern wie Dänemark, Belgien und den Niederlanden.

Der verkehrspolitische Sprecher der CSU-Europagruppe, Markus Ferber, äußerte hingegen Unverständnis für die Kritik. "Fakt ist, wir haben mit der EU-Kommission einen fairen Kompromiss gefunden", erklärte er. "Sollte die deutsche Maut vor dem EuGH fallen, fallen andere Mautsysteme in Europa auch". Ein Urteil des Gerichts werde also "Klarheit für eine Reihe von europäischen Mautsystemen schaffen".

(O.Tatarinov--DTZ)

Empfohlen

UN-Naturschutzgipfel einigt sich auf ein Gremium zur Vertretung indigener Völker

Bei der weltweit größten Naturschutzkonferenz im kolumbianischen Cali haben sich die Teilnehmer auf die Gründung eines Gremiums geeinigt, das die Interessen der indigenen Völker im Rahmen der UN-Konvention über die biologische Vielfalt vertritt. Die 196 Teilnehmerstaaten einigten sich am Freitag auf ein "ergänzendes Gremium", das sich den "Angelegenheiten, die für indigene Völker und lokale Gemeinschaften von Bedeutung sind", widmen soll. Es war der erste große Durchbruch bei der seit fast zwei Wochen andauernden COP16, bei der die Teilnehmer nach wie vor nach einer Lösung für die Finanzierung des Naturschutzes suchen.

Dämpfer vom US-Arbeitsmarkt kurz vor der Präsidentschaftswahl

Ein Dämpfer vom Arbeitsmarkt wenige Tage vor der US-Präsidentschaftswahl: Infolge von zwei Hurrikans und Streiks hat sich der Arbeitsmarkt in den USA im Oktober erheblich schlechter entwickelt als von Analysten erwartet. Wie das Arbeitsministerium am Freitag in Washington mitteilte, wurden im Oktober nur 12.000 neue Jobs geschaffen, während Analysten mit 110.000 neuen Stellen gerechnet hatten.

Streit um Haushalt und Wirtschaft: Debatte um Zukunft der "Ampel"

Angesichts weit auseinander liegender Positionen in der Wirtschafts- und Haushaltspolitik nimmt die Debatte über die Zukunft der Ampel-Koalition an Fahrt auf. Kanzler-Sprecher Steffen Hebestreit betonte am Freitag zwar, er habe "nicht den Eindruck, dass irgendwer dabei ist, sich in die Büsche zu schlagen". Mehrere FDP-Vertreter bekräftigten jedoch, für sie hänge der Verbleib im Regierungsbündnis von den Entscheidungen der kommenden Wochen ab.

IG Metall will im Tarifstreit am 11. November "Lösungsversuch starten"

Im Tarifstreit in der Metall- und Elektroindustrie stehen die Zeichen auf Kompromissbereitschaft: Die IG Metall erklärte am Freitag, sie wolle in der vierten Verhandlungsrunde am 11. November einen "Lösungsversuch" starten. Die Gewerkschaftsspitze habe die IG-Metall-Bezirke Küste und Bayern beauftragt, zusammen mit den Arbeitgebern "eine Lösung zu finden", teilte Gewerkschaftschefin Christiane Benner mit. "Die Intensität und Ernsthaftigkeit der Gespräche in Nord und Süd bewerten wir positiv."

Textgröße ändern: