Arbeitgeber kritisieren Forderungen der IG Metall scharf
Flexibleres Arbeiten und mehr Lohn: Mit diesen zentralen Forderungen will die IG Metall in die anstehende Tarifrunde gehen. Der Vorstand der Gewerkschaft sprach sich am Dienstag dafür aus, einen Anspruch auf eine zeitweilige Reduzierung der Wochenarbeitszeit auf 28 Stunden zu fordern. Außerdem empfahl er, sechs Prozent mehr Lohn zu fordern. Die Arbeitgeberverbände kritisierten die Forderungen als "tarifpolitische Geisterbahnfahrt" - die IG Metall rechnet mit harten Tarifverhandlungen.
IG-Metall-Chef Jörg Hofmann erklärte in Frankfurt am Main, die Gewerkschaft wolle das "Zukunftsthema Arbeitszeit tariflich anpacken". Die rund 3,9 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie wollten "selbstbestimmte Arbeitszeiten", die zu ihrem Leben passten. "Wir wollen einen Anspruch darauf durchsetzen", sagte er.
Die Forderungsempfehlungen sehen vor, dass die Beschäftigten ihre regelmäßige Arbeitszeit künftig ohne Begründung für eine Dauer von maximal zwei Jahren auf bis zu 28 Stunden in der Woche reduzieren können. Danach soll der Anspruch bestehen, auf die ursprüngliche Arbeitszeit zurückzukehren.
Außerdem empfiehlt der IG-Metall-Vorstand, in einigen Fällen einen Entgeltzuschuss zu fordern - etwa für Beschäftigte, die ihre Arbeitszeit reduzieren, um Kinder zu betreuen oder Familienangehörige zu pflegen, sowie für Beschäftigte in Schichtarbeit oder anderen gesundheitlich belastenden Arbeitszeitmodellen.
Hofmann zeigte sich überzeugt, dass eine Arbeitszeitverkürzung die von Männern dominierten Berufe der Metall- und Elektroindustrie auch für Frauen attraktiver machen könnten. Die Forderung nach mehr Lohn begründete er mit der guten wirtschaftlichen Lage und mit vollen Auftragsbüchern in den Betrieben.
Gesamtmetall-Präsident Rainer Dulger erklärte, die Forderungen seien "rückwärtsgewandt". Für die "allermeisten Arbeitszeitwünsche der Beschäftigten" werde in den Betrieben bereits heute eine passende Lösung gefunden. Ein Anspruch auf Arbeitszeitverkürzung würde "den Fachkräftemangel weiter verschärfen", fügte er hinzu. Schon heute blieben wegen Personalmangels Aufträge liegen.
Zur Argumentation der guten Wirtschaftslage erklärte Dulger: "Wir dürfen in guten Jahren nur so viel draufsatteln, dass wir das auch in schlechten Jahren tragen können." Die IG Metall wecke "mutwillig falsche Erwartungen", was den Weg zu einem Kompromiss "unnötig" erschwere.
Der Arbeitgeberverband Südwestmetall aus Baden-Württemberg warf der Gewerkschaft vor "endgültig im Wolkenkuckucksheim angekommen" zu sein. Die Forderungen der IG Metall würden sich in ihrer Gesamtheit auf zwölf Prozent mehr Lohnkosten aufaddieren, was mehr als die Hälfte aller Betriebe in die Verlustzone brächte. Südwestmetall rechnete vor, dass mehr als 60 Prozent aller Beschäftigten Kinder oder Pflegebedürftige zu Hause hätten, oder im Schichtbetrieb arbeiteten. Damit hätten sie nach dem Willen der IG Metall einen Anspruch auf weniger Arbeitszeit und einen Entgeltzuschuss.
Die regionalen Tarifkommissionen der Gewerkschaft beraten am 24. Oktober erneut über die Forderungsempfehlungen. Mit deren Beschlüssen will sich dann am 26. Oktober erneut der Vorstand befassen und die Forderung abschließend festlegen. Die Verhandlungen in den Tarifgebieten sollen am 15. November beginnen. Hofmann sagte dazu: "Das wird ein anspruchsvoller Verhandlungsmarathon."
(N.Loginovsky--DTZ)