IG Metall sieht in Zug-Allianz von Siemens und Alstom "europäische Chance"
Die geplante Fusion der Zugsparten von Siemens und dem französischen Konkurrenten Alstom stößt bei den Arbeitnehmervertretern in Deutschland auf Zustimmung. Die IG Metall bewertet die Entscheidung als "potenzielle europäische Chance", ein fusionierter Konzern habe "gute Erfolgschancen im harten globalen Wettbewerb". In Frankreich dagegen fürchten die Gewerkschaften "mittelfristig" Entlassungen.
Der ICE-Hersteller Siemens und TGV-Produzent Alstom hatten Dienstagabend verkündet, ihre Zugsparten zusammenzulegen und einen europäischen Eisenbahngiganten zu schmieden. Dafür unterzeichneten die beiden Konzerne eine Absichtserklärung über die Zusammenlegung ihrer Mobilitätsgeschäfte im Rahmen "einer Fusion unter Gleichen". Siemens wird die knappe Mehrheit der Aktien des neuen Unternehmens halten.
Beide Geschäfte ergänzten sich "im Hinblick auf ihre Aktivitäten und geografischen Standorte weitgehend", erklärten Siemens und Alstom. Der Hauptsitz der Geschäftsführung der Sparte Schienenfahrzeuge werde im Großraum Paris angesiedelt sein, das neue Unternehmen soll in Frankreich an der Börse notiert sein. Berlin soll "zentraler Firmensitz" für Mobilitätslösungen sein, also für Verkehrskonzepte.
Die Kunden in aller Welt erhielten ein "innovativeres und wettbewerbsstärkeres Angebot", erklärte Siemens-Chef Joe Kaeser. Er verwies auf die erstarkende Konkurrenz aus China durch den Eisenbahngiganten CRRC: "Ein marktbeherrschender Akteur in Asien hat die globale Marktdynamik verändert."
Das neu formierte Unternehmen wird 62.300 Mitarbeiter in mehr als 60 Ländern zählen, wie Siemens und Alstom weiter mitteilten. Es hat einen Auftragsbestand von 61,2 Milliarden Euro und erzielt einen Umsatz von 15,3 Milliarden Euro. Siemens und Alstom erwarten zudem jährliche Einspareffekte in Höhe von 470 Millionen Euro - spätestens im vierten Jahr nach dem Zusammenschluss.
Die IG Metall Bayern betonte noch am Dienstagabend, "umfangreiche Zusicherungen stellen sicher, dass die Beschäftigten dabei keine Nachteile erleiden". Siemens wolle als Mehrheitseigner beteiligt bleiben und gehe damit auf eine wesentliche Forderung der Arbeitnehmerseite ein. Tarifbindung, Mitbestimmung und Interessenvertreung blieben erhalten.
Bei Siemens sind laut IG Metall bundesweit 13.500 Beschäftigte von der geplanten Fusion betroffen. Bei Alstom in Deutschland arbeiten demnach rund 3000 Menschen.
Die bei Alstom wichtigste Gewerkschaft CFE-CGC erklärte, die Annäherung der beiden Konzerne sei zwar eine "Notwendigkeit" im Hinblick auf die chinesische Konkurrenz. Doch es werde mittelfristig "negative soziale Folgen" geben, warnte Generalsekretär Benjamin Griveaux. Auch Daniel Dreger von der Gewerkschaft CGT sagte der Nachrichtenagentur AFP, "Zusagen ändern sich schnell".
Das französische Wirtschaftsministerium versicherte, Siemens habe sich zum Erhalt der Arbeitsplätze und Standorte in Frankreich für vier Jahre verpflichtet. Die geplante Fusion wird von der Regierung unterstützt.
Die Opposition in Frankreich dagegen übte heftige Kritik. "Deutschland kauft Frankreich, Herr (Emmanuel) Macron verscherbelt uns", sagte der Vize-Vorsitzende der konservativen Republikaner, Laurent Wauquiez. Der Generalsekretär der rechtspopulistischen Partei FN, Nicolas Bay, twitterte bereits am Dienstag die deutsch-französische Partnerschaft dürfe nicht für die "industrielle Auslöschung" Frankreichs sorgen.
(L.Møller--DTZ)