Wasserversorger warnen vor steigenden Trinkwasserpreisen wegen hoher Nitratwerte
Die deutschen Wasserversorger sehen auf die Verbraucher in den kommenden Jahren deutliche Preissteigerungen beim Trinkwasser zukommen. Seit Jahrzehnten werde zu viel Gülle und Mineraldünger auf Wiesen und Feldern verteilt, sagte Martin Weyand, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes BDEW der "Süddeutschen Zeitung" vom Montag. Wegen der daraus folgenden hohen Nitratbelastung werde die Wasseraufbereitung immer schwieriger.
"Wir machen uns große Sorgen um den Zustand des Grundwassers", sagte Weyand. "Das ist die wichtigste Ressource, die wir haben." Das Anfang des Jahres verabschiedete neue Düngerecht reiche nicht aus, um die Nitratbelastung zu senken. Im Juni hatte bereits das Umweltbundesamt vor höheren Kosten für Trinkwasser gewarnt.
Offiziell geht die Bundesregierung davon aus, dass knapp ein Drittel der Messstellen im Bundesgebiet Nitratwerte über dem Schwellenwert von 50 Milligramm pro Liter ausweist. Aus Sicht der knapp 6000 deutschen Versorgungsunternehmen ist die Lage jedoch erheblich kritischer, weil diese sich an einen deutlich niedrigeren Grenzwert halten müssen als den gesetzlich vorgeschriebenen. Gemessen daran weisen fast alle Messstellen im Bundesgebiet zum Teil deutlich überhöhte Nitratwerte auf.
Das könnte die Aufbereitung von Trinkwasser bald teurer machen, warnte Weyand. Einem BDEW-Gutachten vom Januar zufolge könnte die aufwendige Nitratentfernung in einigen Regionen die Jahreswasserrechnung um bis zu 62 Prozent erhöhen - die durchschnittlichen Kosten eines Drei-Personen-Haushalts würden dadurch von aktuell 217 Euro auf 352 Euro steigen.
Hauptverursacher der hohen Nitratbelastung ist aus Sicht des Wasserverbandes die Landwirtschaft. Das neue Düngerecht müsse überarbeitet und verschärft werden, forderte Weyand. Die Vorschriften seien lückenhaft und erlaubten zu viele Ausnahmen.
Im Juni hatte eine Koalition aus Wasserverbänden und Umweltorganisationen eine Petition zur weiteren Verschärfung des deutschen Düngerechts gestartet. Die Initiatoren forderten unter anderem einen sofortigen Gülle-Stopp in Gebieten, wo der offizielle Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter überschritten wird.
Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt warf CDU/CSU und der SPD am Montag vor, sich nicht gegen die "Agrarlobby" durchsetzen zu können. "Die Industrialisierung der Landwirtschaft führt zu überhöhten Nitratwerten im Grundwasser, für die wir Verbraucher die Zeche zahlen", erklärte sie. Verbraucher müssten mit höheren Gebühren ausgleichen, "dass Unmengen an Gülle von viel zu vielen in riesigen Hallen verborgenen Tieren auf den Feldern verteilt wird".
Nitrat hilft Pflanzen beim Wachsen und wird häufig zur Düngung benutzt. Überhöhte Mengen führen allerdings zu starken Wasserverunreinigungen und beeinträchtigen die biologische Vielfalt in Gewässern. Eine Nitratkonzentration über 50 Milligramm pro Liter kann laut EU-Kommission erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen haben, insbesondere bei Schwangeren und Kleinkindern. Vergangenen Herbst verklagte die EU-Kommission Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof, weil die Bundesregierung zu wenig gegen die hohe Nitratbelastung im Wasser tue.
(O.Tatarinov--DTZ)