Geldgier? Skandal um Fipronil-Eier in Deutschland weitet sich aus
Der Skandal um Eier, die mit dem Insektizid Fipronil belastet sind, hat sich am heutigen Freitag (04.08.2017) ausgeweitet. Nach Angaben des niedersächsischen Landwirtschaftsministers Christian Meyer (Grüne) wurden möglicherweise über zehn Millionen belastete Eier aus den Niederlanden in deutschen Supermärkten verkauft. Der Discounter Aldi nahm deutschlandweit seine Eier aus dem Verkauf, andere Supermärkte reagierten zurückhaltender. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) schloss eine gesundheitliche Gefährdung aus, wollte aber keine Entwarnung geben.
Landesminister Meyer sagte im ZDF, von den belasteten Eiern gehe eine Gesundheitsgefahr aus und Verbraucher sollten die Nummern auf ihren Produkten prüfen. Entsprechende Hinweise stehen auf dem Portal lebensmittelwarnung.de - dort sind mittlerweile Informationen aus allen Bundesländern hinterlegt. Hinweise, dass auch von Geflügelfleisch eine Gesundheitsgefahr ausgehen könnte, gibt es bislang nicht.
Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt sagte dem "Straubinger Tagblatt" vom Samstag, die Lage sei "unter Kontrolle", es könne aber noch keine Entwarnung gegeben werden. Verbrauchern riet er zur Besonnenheit: "Nach allem was wir derzeit wissen ist eine gesundheitliche Gefährdung praktisch ausgeschlossen", sagte er der Zeitung.
In den Niederlanden werden Medienberichten zufolge zehn Milliarden Eier pro Jahr produziert, viele davon werden nach Deutschland exportiert. In Deutschland wurden nach Angaben des Portals Statista pro Kopf im vergangenen Jahr 235 Eier konsumiert.
Fipronil wird unter anderem gegen Flöhe, Läuse, Zecken, Schaben und Milben eingesetzt. Dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zufolge besteht durch den Verzehr belasteter Eier "keine konkrete" Gesundheitsgefährdung. Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums ist ein gesundheitliches Risiko für Kinder aber nicht völlig auszuschließen.
Dem "Spiegel" zufolge rückte ein Chemikalienhändler aus dem belgischen Weelde ins Zentrum der Ermittlungen. Dieser soll um den Jahreswechsel in einer Fabrik in Rumänien große Mengen des Tiermedikaments Fiprocid geordert haben, das den gefährlichen Wirkstoff Fipronil enthält, berichtete das Magazin. Das Kontaktgift war offenbar einer Flüssigkeit namens "Dega 16" beigemischt, die der Säuberung von Geflügelställen dienen sollte. In Deutschland ist ein Präparat dieses Namens auf dem offiziellen Markt nicht erhältlich.
Aldi zog als "reine Vorsichtsmaßnahme" am Freitag zunächst alle Eier aus dem Verkauf. Der Discounter bezieht nach eigenen Angaben bereits seit Wochenbeginn keine Eier aus gesperrten niederländischen Betrieben mehr. Kunden, die Eier bei Aldi gekauft haben, könnten diese ohne Vorlage des Kassenbons überall zurückgeben, der Verkaufspreis wird erstattet.
Der Lebensmittelhändler Edeka sah für einen derart drastischen Schritt keinen Grund. Die Eier seiner Eigenmarken stammten ausschließlich aus Deutschland, teilte die Edeka-Zentrale mit. "Bislang liegen uns hier keine Nachweise von Fipronil vor." Es gebe aber einen "engen Austausch" mit Lieferanten und den zuständigen Behörden. Die Supermarktkette Rewe, die bereits am Mittwochabend aus den Niederlanden stammende Eier aus allen Rewe- und Penny-Märkten genommen hatte, sah zunächst auch "keine Veranlassung, sämtliche Eier aus dem Verkauf zu nehmen". Das Unternehmen verfolge die Entwicklung aber und werde gegebenenfalls reagieren. Lidl betonte, "ausschließlich" Eier von Lieferanten anzunehmen, die nachweislich negativ auf Fipronil beprobt seien. Belastete Eier seien zuvor aus dem Verkauf genommen worden.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) bezeichnete die Reaktion von Aldi als "überzogen" und "nicht angemessen". Die SPD kritisierte Bundesminister Schmidt: Dieser müsse seiner "Pflicht als Minister für den gesundheitlichen Verbraucherschutz nachkommen" und dürfe die Information der Verbraucher nicht Ländern und nachgeordneten Behörden überlassen, erklärten Fraktionsvize Ute Vogt und die Ernährungsexpertin Elvira Drobinski-Weiß. Grünen-Spitzenkandidatin Kathrin Göring-Eckardt warf Schmidt vor, das Problem "auf dem Rücken der Konsumenten herunterzuspielen". (W.Budayev--DTZ)