Politik: Automobilbranche nach Diesel-Gipfel in der Bringschuld
Nach dem Diesel-Gipfel sieht die Politik die Automobilindustrie in der Bringschuld und fordert weitere Maßnahmen für saubere Städte. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte, nun beginne für die Automobilindustrie die "Bewährungszeit", weitere Maßnahmen müssten folgen. Auch SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz bezeichnete den Gipfel als einen "Zwischenschritt". Verbraucherschützer und Umweltorganisationen bekräftigten ihre grundsätzliche Kritik an den Gipfel-Ergebnissen und forderten ein neues Treffen.
Der Gipfel vom gestrigen Mittwoch (02.08.2017) sei ein "erster Schritt in die richtige Richtung" gewesen, nun aber sei die Automobilindustrie mehr denn je in der Pflicht, Schadstoffe zu reduzieren und die Umwelt zu entlasten, sagte Maas im Interview vom heutigen Donnerstag. Schulz sagte hierzu gegenüber Medienvertretern, es komme nun darauf an, "die Zusagen der Autoindustrie wasserdicht zu machen".
"Die Automobilindustrie muss jetzt dafür sorgen, dass die Dieselfahrzeuge auf der Straße bleiben können", mahnte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) die Branche in der "Passauer Neuen Presse". Die Branche müsse "von ihrem hohen Ross herunter und wieder mehr ihrer Verantwortung für die Gesellschaft und für ihre Kunden gerecht werden".
Der Diesel-Gipfel von Bund, Ländern und Chefs der großen Autobauer hatte Software-Updates für rund fünf Millionen Diesel-Fahrzeuge vereinbart. Ein Großteil davon wurde aber bereits im Rahmen früherer Rückrufaktionen der Hersteller in die Werkstätten zurückgeholt. Außerdem wollen VW, Daimler und BMW 250 Millionen Euro in einen Fonds einzahlen, mit dem den Kommunen bei der Modernisierung ihrer Verkehrssysteme geholfen werden soll. Noch einmal so viel Geld steuert der Bund bei.
Die Veranstaltung wurde auch in Brüssel verfolgt - dort war am Donnerstag ebenfalls die Rede von einem "ersten Schritt". Die Kommission werde die Vorhaben analysieren, sobald "die vollen Details" vorliegen, sagte eine Sprecherin. Konkret solle geprüft werden, ob diese genügten, um die Emissionen "ausreichend zu reduzieren".
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der an dem Gipfel teilgenommen hatte, forderte im "Focus" auch ausländische Hersteller von Diesel-Autos auf, sich ihrer Verantwortung zu stellen. "Hoffentlich finden die deutschen Zulassungsbehörden einen Weg, wie sie auch den ausländischen Unternehmen auf die Füße steigen können." Scharfe Kritik kam von Umwelt- und Verbraucherschützern sowie von der Opposition, denen die Ergebnisse viel zu mager erscheinen. Linken-Chef Bernd Riexinger forderte Betriebsräte und die IG Metall zu einem "Aufstand gegen die Manager und Aktionäre" auf, die Arbeitsplätze aufs Spiel setzten.
Ohne verpflichtende Nachrüstungen auch an Motor und Abgasanlage drohe der Branche der "Super-Gau aus gerichtlich durchgesetzten Fahrverboten, Käuferenthaltung und Innovationsrückstand", sagte Riexinger dem "Handelsblatt". Die Grünen forderten auch Zusagen für Hardware-Nachrüstungen der Fahrzeuge.
"Wir brauchen einen zweiten, einen echten Autogipfel", verlangte der Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller. Der Gipfel habe die Erwartungen nicht erfüllt. "Zurück bleiben ratlose Verbraucher. Sie stehen da ohne Garantie, dass der Stickoxidausstoß signifikant gesenkt und Fahrverbote vermieden werden."
Der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, nannte das Treffen eine "reine Showveranstaltung". "Es geht nur darum, zu versuchen, sich über die Bundestagswahl am 24. September zu retten", sagte er nach Information von Deutsche Tageszeitung am heutigen Donnerstag (03.08.2017) - in einem Interview. (N.Loginovsky--DTZ)