Deutsche Tageszeitung - Politik schwört Autobauer auf ungemütlichen Diesel-Gipfel ein

Politik schwört Autobauer auf ungemütlichen Diesel-Gipfel ein


Politik schwört Autobauer auf ungemütlichen Diesel-Gipfel ein
Politik schwört Autobauer auf ungemütlichen Diesel-Gipfel ein / Foto: ©

Wenige Tage vor dem Diesel-Gipfel in Berlin hat die Politik die Automobilindustrie auf ein ungemütliches Treffen eingeschworen. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sagte am heutigen Sonntag (30.07.2017), der Gipfel werde "kein gemütliches Kaffeekränzchen", Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) befand, die Autobauer müssten ihrer "verdammten Verantwortung" gerecht werden. Die Autoindustrie hofft ihrerseits, drohende Diesel-Fahrverbote, für die das Stuttgarter Verwaltungsgericht kürzlich den Weg geebnet hatte, abwenden zu können.

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"Wir werden den Autoherstellern einen Forderungskatalog vorlegen", sagte die Umweltministerin der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" zu dem für Mittwoch geplanten Diesel-Gipfel. Dann werde die Branche erklären müssen, "wie sie sich dazu verhält". Hendricks hat gemeinsam mit Dobrindt Vertreter deutscher Autobauer und der Politik zu dem Treffen in Berlin eingeladen.

Erwartet wird bei dem Gipfel die Zusage der Autoindustrie, ältere Dieselfahrzeuge per Software-Update kostenlos für die Nutzer nachzurüsten. Hendricks sagte dazu, sie erwarte neben Software-Updates auch eine Nachbesserung der Hardware auf Kosten der Hersteller.

Auch Dobrindt sieht die Branche in der Pflicht: "Die Autoindustrie hat sich in richtig schweres Fahrwasser gebracht", sagte er der "Bild am Sonntag". "Es droht auch ein Schaden für die Marke ’Automobil made in Germany’." Die Automobilindustrie habe hier eine "verdammte Verantwortung, das Vertrauen wieder herzustellen".

Kopfzerbrechen bereitet der Branche auch das Urteil des Stuttgarter Verwaltungsgerichts vom vergangenen Freitag (28.07.2017). Die Justiz hatte den Weg für Diesel-Fahrverbote in Innenstädten geebnet: Dies sei im Fall älterer Dieselautos die beste Lösung zur Senkung gesundheitsschädlicher Abgase, urteilte das Gericht. In Stuttgart und zahlreichen anderen deutschen Städten werden die Emissions-Grenzwerte deutlich überschritten.

"Es gibt intelligentere Lösungen als Fahrverbote, um die Luftqualität in den Städten zu verbessern", sagte der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, nach Informationen von Deutsche Tageszeitung in einem Interview. Mit neuer Software lasse sich der Ausstoß von Stickoxiden um mindestens 25 Prozent senken.

IG-Metall-Chef Jörg Hofmann sagte gegenüber Medienvertretern", er sei "mit Vehemenz gegen pauschale Fahrverbote, wenn sie kurzfristig eingeführt werden, sich die Leute darauf nicht einstellen und nicht dagegen wehren können".

Unterdessen kamen aus den Ländern Vorstöße zur Unterstützung des Diesel-Marktes: "Es wäre ein guter Weg, wenn wir über die Reduzierung der Kfz-Steuer einen Anreiz zum Kauf eines neuen, emissionsarmen Euro-6-Diesels setzen würden", sagte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) dem "Spiegel". Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) brachte eine Klimaprämie für den Kauf emissionsarmer Autos ins Gespräch. Er sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, es müssten Anreize für den Umstieg von alten Diesel- auf Euro-6- und Elektroautos geschaffen werden.

Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) lehnte staatliche Kaufanreize ab: Die Hersteller sollten "Kunden motivieren, auf abgasarme moderne Diesel umzusteigen - und zwar auf ihre Kosten", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid für die "Bild am Sonntag" zufolge hält mehr als die Hälfte der Bundesbürger (53 Prozent) die deutschen Autobauer für nicht mehr vertrauenswürdig. 75 Prozent der Befragten wünschen sich zudem, dass die Politik härter gegen Regelverstöße der Autobauer vorgeht.  (P.Vasilyevsky--DTZ)

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