Wirtschaft: Autoindustrie will Diesel-Fahrverbote abwenden
Die deutsche Automobilindustrie will die drohenden Diesel-Fahrverbote noch abwenden. Der Präsident des Verbands der Automobilindustrie, Matthias Wissmann, sagte nach Information von Deutsche Tageszeitung am heutigen Samstag (28.07.2017), dafür müsse der Diesel-Gipfel der Bundesregierung mit den Herstellern am Mittwoch ein überzeugendes Konzept erarbeiten. Die Bundesregierung macht Druck auf die Industrie, ältere Fahrzeuge kostenlos nachzurüsten, und zwar über reine Software-Updates hinaus.
Das Stuttgarter Verwaltungsgericht hatte am Freitag den Weg für Diesel-Fahrverbote in Innenstädten geebnet. Dies sei im Fall älterer Dieselautos die beste Lösung zur Senkung gesundheitsschädlicher Abgase, urteilte das Gericht. In Stuttgart und zahlreichen anderen deutschen Städten werden die Emissions-Grenzwerte deutlich überschritten.
Wissmann betonte, es gebe "intelligentere Lösungen" als Fahrverbote. Die Hersteller böten ihren Kunden eine kostenlose Nachrüstung von Autos mit den Schadstoffklassen Euro 5 und zum Teil auch Euro 6 an. Mit neuer Software lasse sich der Ausstoß von Stickoxiden im Schnitt der deutschen Fahrzeugflotte um mindestens 25 Prozent senken.
Wenn sich die Hersteller mit der Bundesregierung auf solche Maßnahmen einigten, sehe er "durchaus Chancen, dass das Bundesverwaltungsgericht als höchste Instanz zu einem anderen Ergebnis kommen könnte als Stuttgart".
Die Bundesregierung machte dagegen Druck auf die Hersteller, ältere Fahrzeuge über die Software hinaus nachzurüsten. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sagte im ZDF, Updates seien nur ein erster Schritt. Nötig seien vor allem technische Nachbesserungen zur Abgassenkung, und zwar auf Kosten der Hersteller. Sie erwarte bei dem Diesel-Gipfel eine konkrete Zusage, bis wann dies umsetzbar sei.
Der Leiter des Verkehrsressorts beim ADAC, Stefan Gerwens, sagte im Deutschlandfunk, darüber hinaus müssten die Hersteller eine Garantie für neue Bauteile abgeben.
Die Grünen riefen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, am Diesel-Gipfel teilzunehmen. Merkel müsse die Aufklärung "endlich zur Chefsache machen", sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter in einem aktuellen Interview. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) habe in der Diesel-Affäre auf ganzer Linie versagt und gefährde damit den größten Industriezweig. Dobrindt und Hendricks haben gemeinsam zu dem Treffen eingeladen.
Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) brachte eine Klimaprämie für den Kauf emissionsarmer Autos ins Gespräch. Weil sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, es müssten Anreize für den Umstieg von alten Diesel- auf Euro-6- und Elektroautos geschaffen werden. Denkbar seien steuerliche Anreize oder "eine Art Klimaprämie, die von Industrie und Staat angeboten wird".
Weil betonte, der Staat sei in der Pflicht, "großflächige Fahrverbote zu verhindern". Der SPD-Politiker gehört dem Aufsichtsrat von Volkswagen an. Er nimmt wie auch die anderen Ministerpräsidenten der Autoländer an dem Diesel-Gipfel teil.
Die FDP lehnt den Einsatz von Steuergeldern dagegen ab. Parteichef Christian Lindner sagte hierzu gegenüber Medienvertretern, die Konzerne seien selbst in der Pflicht, technische Lösungen anzubieten. "Zu Fahrverboten in Innenstädten darf es nicht kommen", unterstrich er. "Es kann nicht sein, dass Geringverdiener ihren alten Diesel bald am Stadtrand abstellen müssen." (W.Uljanov--DTZ)