Deutsche Tageszeitung - Krise der Autoindustrie: Deutschland wackelt an EU-Flottengrenzwerten

Krise der Autoindustrie: Deutschland wackelt an EU-Flottengrenzwerten


Krise der Autoindustrie: Deutschland wackelt an EU-Flottengrenzwerten
Krise der Autoindustrie: Deutschland wackelt an EU-Flottengrenzwerten / Foto: © AFP

Angesichts der Krise in der deutschen Automobilindustrie blickt Berlin zunehmend nach Brüssel. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), forderte eine Diskussion über die CO2-Flottengrenzwerte, deren geplante Verschärfung im kommenden Jahr einen Beitrag im Kampf gegen die Erderwärmung leisten soll. Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der am Montag zu einem digitalen Austausch mit Spitzenvertretern von Automobilwirtschaft, Branchenverband VDA und der Gewerkschaft IG Metall verabredet war, hat die EU-Vorgaben im Blick.

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Zuvor war eine Debatte auch über weitere Kaufanreize für Elektroautos entbrannt, deren Neuzulassungszahlen nach dem Stopp des sogenannten Umweltbonus Ende vergangenen Jahres deutlich zurückgegangen waren. Der "Spiegel" berichtete, dass sich der kriselnde Volkswagen-Konzern für eine neue Kaufprämie für E-Autos stark machen wolle. VW schlägt demnach eine staatliche Förderung von 4000 Euro beim Kauf eines reinen Elektroautos vor, wenn die Hersteller zusätzlich einen Preisnachlass von 2000 Euro gewähren.

Prämien könnten "kurzfristig stimulieren, gerade in den Einstiegssegmenten", sagte Volkswagen-Konzernchef Oliver Blume den Sendern RTL und ntv. "Es geht aber auch vor allem darum, sich über Steuermodelle Gedanken zu machen für betrieblich genutzte Fahrzeuge", fügte er hinzu. "Es geht darum, auch die Erstzulassung von Elektrofahrzeugen steuerlich zu begünstigen und sich dann natürlich auch Kostenthemen anzuschauen wie Strompreise, die beim Laden eine erhebliche Rolle spielen."

Finanzminister Lindner warnte hingegen mit Blick auf "kleine Konjunkturmaßnahmen im Inland" vor einem "Strohfeuereffekt". Dringend nötig sei "auf der europäischen Ebene" eine andere Politik, forderte er. "Was machen wir bei den Flottengrenzwerten wann, wie ist die Zukunft der Technologie Verbrennungsmotor?" Deutschland müsse da Druck machen. Gut wäre es, wenn EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihren "Kurs verändern und realistischer" werden würde, sagte Lindner.

Die EU-Flottengrenzwerte machen den Herstellern Vorgaben, wie viel CO2 die von ihnen produzieren Autos im Schnitt höchstens ausstoßen dürfen. Im kommenden Jahr sinken die Grenzwerte. Bei Verstößen drohen hohe Bußgelder. Habeck sagte dazu vergangene Woche, dass die Regeln "nicht zur Zerstörung von Unternehmen führen" dürften. "Das muss man sich noch einmal genau ansehen."

2035 sollen in der EU verkaufte Neuwagen dann überhaupt kein CO2 mehr ausstoßen. Von der Leyens Parteikollege, CDU-Chef Friedrich Merz, kündigte an, dass er sich bei der EU-Kommission für eine Aufhebung dieses Verbrennerverbots einsetzen wolle. Eine "einseitige Konzentration" auf E-Mobilität halte er für falsch. Die deutsche Autoindustrie werde "nicht allein auf Elektromobilität umstellen können und wollen", sagte er.

Auch der Taxi- und Mietwagenverband Deutschland (TMV) forderte, Deutschland müsse sich auf EU-Ebene für "Technologieoffenheit" einsetzen. "Die EU-Pläne für strengere Flottenvorgaben beim CO2-Ausstoß wären der Sargnagel für die angeschlagenen Autobauer in Deutschland", erklärte TMV-Hauptgeschäftsführer Patrick Meinhardt.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) forderte hingegen, die Politik müsse "wirksam die Weichen für die Elektromobilität von morgen stellen". Dazu gehöre, dass E-Autos auch für Menschen mit einem Durchschnittsgehalt erschwinglich sein müssten. Die Verantwortung, emissionsfreie Autos attraktiv zu machen, dürfe aber nicht von der Industrie auf die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler abgewälzt werden.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) erklärte unterdessen, dass zumindest die Ladeinfrastruktur für E-Autos nicht das Problem sei. Im ersten Halbjahr 2024 habe sich der "rasante Ausbaukurs der letzten Jahre" fortgesetzt. Problematisch sei hingegen die niedrige Belegung der Ladesäulen; im bundesweiten Durchschnitt waren demnach nur 14,5 Prozent der Ladesäulen zeitgleich belegt.

Die deutsche Autoindustrie und VW in vorderster Reihe stecken in der Krise. Sinkende Absätze besonders bei E-Autos und zugleich hohe Investitionskosten für die E-Auto-Entwicklung belasten die Branche. Hinzu kommen weitere Faktoren wie hohe Energiekosten. Bei VW steht deshalb auch ein Job-Abbau zur Debatte.

(P.Vasilyevsky--DTZ)

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