Österreich will für EU-Renaturierungsgesetz stimmen - Nötige Mehrheit greifbar
Österreich will nun doch dem seit Monaten umkämpften EU-Renaturierungsgesetz zustimmen. Das erklärte Umweltministerin Leonore Gewessler am Sonntag in Wien. Auf EU-Ebene ist nun mit der Stimme Österreichs die nötige Mehrheit für das Gesetz greifbar, am Montag beim Rat der EU-Umweltminister könnte abgestimmt werden.
Mit dem Gesetz will die EU die Umweltzerstörung in den Mitgliedstaaten zurückdrehen. Es würde die EU-Länder verpflichten, bis 2030 mindestens je 20 Prozent der geschädigten Flächen und Meeresgebiete wiederherzustellen und bis 2050 alle bedrohten Ökosysteme. Darauf hatten sich die Unterhändler der Mitgliedstaaten bereits im November mit den Abgeordneten des Europaparlaments geeinigt. Insbesondere die Landwirtschaft sieht das Gesetz kritisch.
Die endgültige Zustimmung der 27 EU-Länder zu dieser Einigung galt eigentlich als Formalie. Eine für März angesetzte Abstimmung unter den Umweltministern wurde jedoch abgesagt, weil die nötige Mehrheit nicht zustande kam, nachdem Ungarn seine Position geändert hatte. Das Gesetz war seitdem blockiert.
Die Verhältnisse im Rat der Mitgliedstaaten sind knapp: Neben Ungarn waren zuletzt Italien, die Niederlande und Schweden nach Diplomatenangaben gegen das Gesetz. Belgien, Polen, Finnland und Österreich wollten sich enthalten, was sich wie eine Gegenstimme auswirkt. Für die nötige qualifizierte Mehrheit von mindestens 14 Mitgliedstaaten und mindestens 65 Prozent der Bevölkerung fehlte damit ein EU-Land.
In Österreich war die Bundesregierung und insbesondere die grüne Umweltministerin Gewessler für das Gesetz. Die Bundesländer blockierten jedoch mit ihrer einheitlichen Ablehnung die österreichische Zustimmung in Brüssel. Zuletzt hätten die Länder Wien und Kärnten aber Bewegung signalisiert, erklärte das Umweltministerium. Wien habe schließlich auch einen entsprechenden Beschluss gefasst.
"Damit gibt es jedenfalls keine einheitliche Position der Länder", erklärte Gewessler. Sie habe sich noch einmal "intensiv" mit Juristinnen und Juristen beraten und sei zu dem Schluss gekommen, dass sie in Brüssel zustimmen könne. Belgien, das derzeit den Vorsitz im Kreis der EU-Mitgliedstaaten innehat und die Ministertreffen organisiert, muss nun abwägen, ob sich beim Treffen am Montag in Brüssel tatsächlich eine Mehrheit abzeichnet, und dementsprechend eine Abstimmung ansetzen oder nicht.
Elf EU-Länder, darunter Deutschland, hatten noch im Mai in einem Schreiben an den belgischen Ratsvorsitz einen Beschluss des Renaturierungsgesetzes im Juni gefordert. Die Hängepartie um einen zuvor vereinbarten Kompromiss "gefährdet unsere demokratischen Institutionen", hieß es in dem Brief auf Initiative Irlands. Im Juli übernimmt zudem Ungarn mit seiner rechtsnationalistischen Regierung turnusmäßig die EU-Ratspräsidentschaft.
(L.Møller--DTZ)