RWE zieht Kohleausstieg um acht Jahre auf 2030 vor
Der Energiekonzern RWE zieht den Kohleausstieg um acht Jahre auf 2030 vor. Das ist Teil einer Verständigung des Essener Konzerns mit dem Bundeswirtschaftsministerium und dem zuständigen Landesministerium in Nordrhein-Westfalen, wie alle Seiten am Dienstag mitteilten. Um kurzfristig die Energieversorgung sicherzustellen, sollen aber zwei RWE-Kraftwerke, die eigentlich Ende dieses Jahres hätten abgeschaltet werden sollen, bis Ende März 2024 am Netz bleiben.
Versorgungssicherheit sei "das Gebot der Stunde", gleichzeitig bleibe der Klimaschutz "eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit", sagte RWE-Chef Markus Krebber. Der Konzern unterstütze nun beides.
Bis Ende März 2024 sollen die Braunkohlekraftwerke Neurath D und E mit einer Gesamtleistung von 1200 Megawatt weiterlaufen. Bis 2030 dann will RWE die Braunkohleverstromung beenden. Steinkohlekraftwerke betreibt RWE in Deutschland nicht mehr.
Durch den Schritt blieben 280 Millionen Tonnen Kohle in der Erde, also 280 Millionen Tonnen CO2, die nicht mehr ausgestoßen würden. Zusätzliche Kompensationen für das Unternehmen seien damit nicht verbunden, betonte der Konzern. Der Ausstieg solle zudem "sozialverträglich" gestaltet werden, sagte Krebber mit Verweis darauf, dass zwar kurzfristig mehr Personal nötig ist, sich der Abbau zum Ende des Jahrzehnts aber "deutlich beschleunigen" wird.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte in Berlin, der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine "zwingt uns, vorübergehend stärker Braunkohle zu nutzen, damit wir in der Stromerzeugung Gas sparen". Das sei "schmerzhaft, aber angesichts der Gasknappheit nötig". Gleichzeitig sei die Vereinbarung zum Ausstieg 2030 im rheinischen Revier ein "großer Schritt hin zu Klimaschutz". Habeck dankte der Klimaschutzbewegung der vergangenen Jahre. Das "Engagement der jungen Menschen" habe "Deutschland wachgemacht" und den Druck auf die Politik erhöht.
Geht der Plan auf, wären nach 2030 dann nur noch in ostdeutschen Ländern Braunkohlekraftwerke am Netz. Betrieben werden sie unter anderem von Leag und Uniper. Zwar erhofft sich die Politik von der Vereinbarung mit RWE eine Art Vorbildwirkung für andere Betreiber - Gespräche liefen bereits. Jedoch dürften die spezifischen Situationen in den jeweiligen Revieren nicht über einen Kamm geschoren werden. "Es gibt keine One-size-fits-all-Lösung", sagte Habeck.
RWE will nun neue wasserstofffähige Kraftwerke bauen und zudem bis 2030 weltweit mehr als 50 Milliarden Euro in den Ausbau der Erneuerbaren investieren. Davon sind 15 Milliarden Euro für Deutschland vorgesehen.
Deutschland will bis spätestens 2038 aus der Kohle aussteigen, laut Koalitionsvertrag soll der Ausstieg "idealerweise" bis 2030 gelingen. Bereits 2020 wurden erste Braunkohlekraftwerke stillgelegt.
Die Industriegewerkschaft IGBCE sprach angesichts des RWE-Zeitplans von einer "ebenso ambitionierten wie wichtigen Planung" in der derzeitigen Energiekrise. "Wir dürfen uns durch (Präsident Wladimir) Putins Aggression weder in einen Versorgungsnotstand treiben noch unsere Energieziele kaputtmachen lassen", erklärte der Vorsitzende Michael Vassiliadis.
Zugleich richtete er seinen Blick auf die Beschäftigten. Von den aktuell 7500 Arbeitsplätzen in der Braunkohle sollen demnach bis 2030 statt bislang 3500 nun bis zu 5500 abgebaut werden. "Wir haben schon im Kohlekompromiss 2020 ein engmaschiges Sicherheitsnetz für die Betroffenen durchgesetzt", erklärte Vassiliadis. "Wir werden dafür sorgen, dass Bund und Konzern von den Zusicherungen kein Jota abweichen." Das gelte für Vereinbarungen zum Vorruhestand ebenso wie zur Qualifizierung und Vermittlung von Jüngeren.
(P.Tomczyk--DTZ)