Deutsche Tageszeitung - Steinmeier zu Grundgesetz-Jubiläum: "Es kommen raue, härtere Jahre auf uns zu"

Steinmeier zu Grundgesetz-Jubiläum: "Es kommen raue, härtere Jahre auf uns zu"


Steinmeier zu Grundgesetz-Jubiläum: "Es kommen raue, härtere Jahre auf uns zu"
Steinmeier zu Grundgesetz-Jubiläum: "Es kommen raue, härtere Jahre auf uns zu" / Foto: © AFP

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Bevölkerung vor dem Hintergrund der weltpolitischen Krisen und Kriege, des Klimawandels und der Gefahren für die Demokratie auf schwierige Zeiten eingestimmt. "Es kommen raue, härtere Jahre auf uns zu", sagte Steinmeier am Donnerstag laut vorab verbreitetem Text in seiner Rede in Berlin anlässlich des Staatsakts zum 75. Jahrestag der Grundgesetz-Verkündung. "Die nächsten Jahre werden uns allen, aber insbesondere den politisch Verantwortlichen viel abverlangen", sagte Steinmeier.

Textgröße ändern:

Der Bundespräsident nannte Russlands Angriffskrieg in der Ukraine einen "epochalen Bruch". "Wir müssen erkennen, dass wir in einer radikal veränderten Realität leben", sagte Steinmeier. Militärische Sicherheit und gesellschaftliche Widerstandskraft gehörten zusammen. "Deshalb sollten wir die Debatte über Formen des Wehrdienstes und anderer Dienste für unser Gemeinwesen nicht scheuen, sondern führen und zusammenführen", forderte Steinmeier.

Zugleich mahnte das Staatsoberhaupt stärkere Anstrengungen für die Verteidigung an: "Wir müssen mehr tun für unsere Sicherheit. Wir müssen in unsere Verteidigung investieren und unser Bündnis stärken", sagte Steinmeier und fuhr fort: "Dafür braucht es finanzielle Mittel."

Steinmeier machte vor dem Hintergrund knapper Staatskassen aber auch deutlich: "Der Kampf um finanzielle Ressourcen wird härter werden, und damit auch um das, was uns wichtig ist." Dieser Kampf werde in den nächsten Jahren viel Streit hervorrufen.

Vor dem Hintergrund der jüngsten Angriffe auf politisch Aktive und Ehrenamtliche zeigte sich Steinmeier "zutiefst besorgt über die Verrohung der politischen Umgangsformen in unserem Land".

Es sei nun "Sache des Staates und seiner Institutionen, dafür zu sorgen, dass Täter mit aller Härte des Gesetzes zur Rechenschaft gezogen werden können". Die Verantwortung für die politische Kultur aber tragen alle, betonte Steinmeier: "Niemals dürfen wir uns an Gewalt im politischen Meinungskampf gewöhnen." Sie müsse "mit aller Entschiedenheit" geächtet werden.

Die Demokratie sei "unter Druck geraten", konstatierte Steinmeier. "Gerade jetzt erstarken auch bei uns Kräfte, die sie schwächen und aushöhlen wollen, die ihre Institutionen verachten und ihre Repräsentanten beschimpfen und verunglimpfen." Unsere Demokratie sei geglückt, sagte Steinmeier - "auf ewig garantiert aber ist sie nicht."

Trotz der vielen Herausforderungen rief Steinmeier aber auch zum Optimismus auf. Es sei "ganz falsch, den Kopf in den Sand zu stecken oder von einer bequemeren Vergangenheit zu träumen", sagte er. "Wir müssen uns jetzt behaupten – mit Realismus und Ehrgeiz. Das ist die Aufgabe unserer Zeit", sagte Steinmeier. "Wir müssen unsere Ziele schärfen und anpassen an die neuen Herausforderungen."

Steinmeier würdigte das Grundgesetz, das am 23. Mai 1949 verkündet wurde, als "Meisterwerk". "Auch nach einem Dreivierteljahrhundert ist es überhaupt nicht alt, erst recht nicht veraltet, wenn auch inzwischen eine der ältesten Verfassungen der Welt und zum Vorbild geworden für viele Verfassungen weltweit", sagte Steinmeier. "Diese Verfassung gehört zum Besten, was Deutschland hervorgebracht hat." Das Grundgesetz sei "eine Verfassung der Freiheit, eine, um die uns viele Länder beneiden."

Anlässlich des 75. Jahrestages der Verkündung des Grundgesetzes findet am Donnerstag im Berliner Regierungsviertel ein Staatsakt statt. Neben Steinmeiers Rede sind Auftritte der Berliner Philharmoniker geplant. Erwartet wurden rund 1100 Gäste, darunter neben Steinmeier auch Vertreterinnen und Vertreter der Verfassungsorgane. Die Unterzeichnung des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 in Bonn markierte auch die Gründung der Bundesrepublik Deutschland.

(V.Sørensen--DTZ)

Empfohlen

BGH befragt Europäischen Gerichtshof zu Tantiemen für Zweitnutzung von Texten

Im Streit zwischen Wissenschaftsautoren und der Verwertungsgesellschaft Wort über die Verteilung von Tantiemen zieht der Bundesgerichtshof (BGH) den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu Rate. Die europäischen Richterinnen und Richter sollen in dem Zusammenhang Fragen zum EU-Recht beantworten, wie der BGH am Donnerstag in Karlsruhe entschied. Geklärt werden soll, ob die Förderung kulturell bedeutender Werke aus den Einnahmen einer Verwertungsgesellschaft mit EU-Recht vereinbar ist. (Az. I ZR 135/23)

Merkels Memoiren: Ex-Kanzlerin rechtfertigt Russland-Politik

Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat in ihren Memoiren ihre vielfach kritisierte Russland-Politik verteidigt. Merkel rechtfertigte insbesondere ihre Weigerung aus dem Jahr 2008, der Ukraine und Georgien den Status eines Nato-Beitrittskandidaten einzuräumen - und damit ein Stück weit auf Bedenken Russlands eingegangen zu sein: "Die Aufnahme eines neuen Mitglieds sollte nicht nur ihm ein Mehr an Sicherheit bringen, sondern auch der Nato", schrieb Merkel in ihrem Erinnerungsbuch "Freiheit", aus dem "Die Zeit" am Donnerstag einen Auszug veröffentlichte.

US-Chiphersteller Nvidia verzeichnet Nettogewinn von 19,3 Milliarden Dollar

Der US-Chiphersteller Nvidia hat mit seinen neuesten Zahlen erneut die Erwartungen übertroffen: Im dritten Quartal verzeichnete das Unternehmen einen Nettogewinn in Höhe von 19,3 Milliarden Dollar (18,3 Milliarden Euro) - mehr als doppelt so viel wie im Vorjahresquartal (plus 109 Prozent) und weit über den von Experten prognostizierten 17,4 Milliarden Dollar.

Deutsche Bank steigt bei KI-Startup Aleph Alpha ein

Die Deutsche Bank steigt bei dem deutschen KI-Startup Aleph Alpha ein. "Wir freuen uns, mit unser Beteiligung Aleph Alpha dabei zu unterstützen, ihre KI-Lösungen erfolgreich weiterzuentwickeln", erklärte Deutsche-Bank-Vorstandsmitglied Bernd Leukert am Mittwoch. Die Bank erhoffe sich von Aleph Alpha "souveräne und nachvollziehbare KI-Lösungen" für die Finanzbranche. "Wir freuen uns, die Deutsche Bank als strategischen Investor und Partner begrüßen zu dürfen", erklärte Aleph-Alpha-Chef Jonas Andrulis.

Textgröße ändern: