Deutsche Tageszeitung - Agora Energiewende: Deutsche Emissionsziele 2022 erneut verfehlt

Agora Energiewende: Deutsche Emissionsziele 2022 erneut verfehlt


Agora Energiewende: Deutsche Emissionsziele 2022 erneut verfehlt
Agora Energiewende: Deutsche Emissionsziele 2022 erneut verfehlt / Foto: © AFP/Archiv

Trotz eines gesunkenen Energieverbrauchs und eines hohen Anteils der Erneuerbaren hat Deutschland 2022 die Ziele zur Senkung der Treibhausgasemissionen erneut verfehlt. Grund dafür ist maßgeblich die gestiegene Kohleverstromung wegen der Rekordpreise für Erdgas, wie das Thinktank Agora Energiewende in seiner am Mittwoch veröffentlichten Auswertung mitteilte. Auch im Verkehrs- und Gebäudesektor wurden die Ziele erneut verfehlt, erklärte die Experten und Experten und forderten 2023 eine "Trendwende".

Textgröße ändern:

Die Emissionen betrugen laut Agora Energiewende im vergangenen Jahr rund 761 Millionen Tonnen CO2 und stagnierten damit "auf hohem Niveau". Das Emissionsziel von 756 Millionen Tonnen CO2 wurde demnach um fünf Millionen Tonnen überschritten. Die Minderung der Emissionen lag zudem verglichen mit dem Referenzjahr 1990 bei knapp 39 Prozent - und damit zum zweiten Mal hinter dem 2020 erreichten Ziel von 40 Prozent.

Zwar sei der Energieverbrauch 2022 um 4,7 Prozent im Vergleich zu 2021 zurückgegangen und der Anteil der erneuerbaren Energien auf ein Rekordhoch von 46 Prozent gestiegen, hieß es weiter. Das lag unter anderem am günstigen Wetter.

Der aus Kosten- und Kapazitätsgründen wieder verstärkte Einsatz von Kohle und Öl habe die dadurch erreichten Emissionsminderungen jedoch zunichte gemacht. Stattdessen nahm der CO2-Ausstoß im Energiesektor sogar im Jahresvergleich um acht Millionen Tonnen zu. Ende 2022 waren laut Agora Energiewende zwei Gigawatt mehr Kohlekapazitäten im Markt als Ende 2021. Das stehe "im klaren Widerspruch zu den Klimazielen", erklärten die Expertinnen und Experten und forderten einen Ausstieg bis 2030.

"Das Rekordjahr für die Erneuerbaren Energien ist wetterbedingt und damit kein struktureller Beitrag zum Klimaschutz", ordnete Agora-Direktor Simon Müller die Ergebniss ein. Tatsächlich habe es etwa beim Ausbau bei der Windenergie keine großen Fortschritte gegeben. Die Regierung müsse hier "schnell nachbessern, denn wir brauchen ab 2023 eine Verdreifachung beim Zubau, um das 2030-Erneuerbaren-Ziel zu erreichen", fügte er hinzu. Vor allem der "schnelle Ausbau von Solarenergie" könne die Preise "zügig dämpfen".

Die Industrie verzeichnete trotz des verstärkten Einsatzes von Kohle und Öl als Ersatz für Erdgas einen leichten Emissionsrückgang um acht Millionen Tonnen, der laut Agora neben Sparmaßnahmen vor allem auf reduzierte Produktion zurückzuführen ist. So halte der Sektor zwar sein Klimaziel ein, ohne allerdings strukturelle Maßnahmen für nachhaltigen Klimaschutz zu unternehmen.

Erneut verfehlt wurden laut Agora Energiewende die Emissionsziele in den Bereichen Verkehr und Gebäude: Der Gebäudebereich überzog demnach mit 113 Millionen Tonnen CO2 das Sektorziel um fünf Millionen Tonnen - und das, obwohl die Energiekrise zu einem starken Verbrauchsrückgang besonders bei Erdgas führte. Die Agora-Experten kritisierten hier "jahrelange Versäumnisse bei der Wärmewende".

Im Verkehr lag der CO2-Ausstoß mit 150 Millionen Tonnen zudem "deutlich über dem erlaubten Wert von 139 Millionen Tonnen CO2", hieß es weiter. Es fehlten in diesem Sektor vor allem politische Maßnahmen zur Emissionsreduktion, kritisierte Agora Energiewende.

Der Deutsche Naturschutzring (DNR) bezeichnete es als "Skandal, dass Teile der Bundesregierung - trotz der absehbaren Zielverfehlung - weiterhin den Klimaschutz aktiv verhindern". So habe das Verkehrsministerium noch immer kein Sofortprogramm vorgelegt, um die Lücke im Verkehrssektor bis 2030 zu schließen.

Die Grünen-Politikerin Katharina Dröge forderte von Minister Volker Wissing (FDP) ebenfalls "dringend mehr Tempo und mehr Ambitionen, um endlich ausreichende und konkrete Vorschläge zur Einhaltung der Klimaziele zu liefern". Dabei reiche eine Maßnahme allein nicht aus, sagte sie zu AFP, nötig seien Reformen bei der Pendlerpauschale und beim Dienstwagenprivileg sowie mehr Investitionen in die Schiene und den Nahverkehr.

(Y.Ignatiev--DTZ)

Empfohlen

Chef von US-Chiphersteller Nvidia lobt Chinas Beitrag zu KI-Entwicklung

Der Vorstandschef des US-Chipherstellers Nvidia, Jensen Huang, hat den Beitrag Chinas zur Entwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI) gelobt. In der Volksrepublik seien "bedeutende Beiträge" zu jener Forschungsarbeit geleistet worden, die KI-Technologie nach vorne gebracht habe, sagte der in Taiwan geborene Huang am Samstag vor Reportern in Hongkong. "Offene Wissenschaft und offene Forschung im KI-Bereich sind absolut global", aus seiner Sicht werde "absehbar nichts etwas daran ändern".

Amazon investiert weitere vier Milliarden Dollar in KI-Startup Anthropic

Der Amazon-Konzern wird weitere vier Milliarden Dollar (3,84 Milliarden Euro) in das KI-Startup Anthropic investieren. Wie der US-Onlineversandhändler und das Startup am Freitag mitteilten, belaufen sich damit die bisherigen Gesamtinvestitionen auf acht Milliarden Dollar, mit denen Amazon Minderheitsaktionär der in San Francisco ansässigen Firma ist.

Nvidia toppt erneut die Erwartungen - und enttäuscht doch die Anleger

Der US-Chiphersteller Nvidia hat mit seinen neuesten Zahlen erneut die Erwartungen übertroffen - und doch die Anleger enttäuscht. Im dritten Quartal verzeichnete das Unternehmen einen Nettogewinn von 19,3 Milliarden Dollar (18,3 Milliarden Euro) - mehr als doppelt so viel wie im Vorjahresquartal (plus 109 Prozent). Experten hatten rund 17,4 Milliarden Dollar prognostiziert. Die Anleger hatten jedoch auf noch mehr gehofft, der Aktienkurs sank.

BGH befragt Europäischen Gerichtshof zu Tantiemen für Zweitnutzung von Texten

Im Streit zwischen Wissenschaftsautoren und der Verwertungsgesellschaft Wort über die Verteilung von Tantiemen zieht der Bundesgerichtshof (BGH) den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu Rate. Die europäischen Richterinnen und Richter sollen in dem Zusammenhang Fragen zum EU-Recht beantworten, wie der BGH am Donnerstag in Karlsruhe entschied. Geklärt werden soll, ob die Förderung kulturell bedeutender Werke aus den Einnahmen einer Verwertungsgesellschaft mit EU-Recht vereinbar ist. (Az. I ZR 135/23)

Textgröße ändern: