Streit um Doping-Opfer-Hilfeverein geht weiter
Der Streit zwischen Dopingexperten und Ines Geipel, der Vorsitzenden des Doping-Opfer-Hilfevereins (DOH), geht weiter. Die Experten um den Heidelberger Molekularbiologen Werner Franke verwahren sich gegen die Kritik Geipels an einem Brief der Gruppe an den Sportausschuss des Bundestages.
"Frau Geipel hält uns und konkret dem Gründungsmitglied ihres Doping-Opfer-Hilfevereins, Professor Werner Franke, vor, uns seien Opfer des DDR-Dopingsports letztlich egal, wir würden die Arbeit des DOH vordergründig in Misskredit bringen und das Schadensthema abwehren wollen. Diese Vorwürfe als Reaktion auf unser Schreiben an das Parlament entbehren jeder Grundlage", schrieben Franke, Gerhard Treutlein, die ehemalige Leichtathletin Claudia Lepping und der frühere Skilanglauftrainer Henner Misersky in einer Stellungnahme an den SID.
Die Expertengruppe führte erneut Sachgründe für ihren Brief an den Sportausschuss an. Franke und Co. zweifeln die Annahme des DOH an, dass Schädigungen von DDR-Dopingopfern auch an deren Kinder vererbt werden können ("transgenerationale Traumatransmission"). Die Gruppe forderte zudem erneut, dass "wissenschaftlich begründete und fachlich unterstützte Gutachten" Voraussetzung für eine Gewährung finanzieller Hilfe aus dem staatlich finanzierten Opfer-Fonds sein sollten.
"Daher haben wir den Sportausschuss des Deutschen Bundestages aufgefordert, das Dopingopferhilfegesetz in seiner bestehenden Form und die Anerkennungsverfahren zu hinterfragen, um Missbrauch durch Betrüger zu verhindern. Erst dann sollte der Gesetzgeber beschließen, ob der Entschädigungsfonds tatsächlich wie dieser Tage geplant um weitere 3,1 Millionen Euro aufgestockt und die Antragsfristen verlängert werden kann", schrieben die Experten.
Die ehemalige Sprinterin Geipel, selbst ein anerkanntes DDR-Dopingopfer, lud in einer Reaktion auf die Stellungnahme Franke und Co. in die Berliner Beratungsstelle des DOH ein. Sie forderte die Kritiker auf, sich außerdem beim Forschungsteam, das das Phänomen der transgenerationalen Traumatransmission in einer Langzeitstudie untersucht, zu informieren.
"Unsere Arbeit hat sich insbesondere in den vergangen zwei Jahren stark verändert. Es wäre fraglos im Interesse der Opfer, wenn eine Debatte vom aktuellen Kenntnisstand ausgeht und nicht auf Sachbezüge rekurriert, die 20 Jahre zurückliegen", sagte Geipel dem SID.
Die Gutachten, mit denen Dopingopfer heute Hilfe beantragen, seien "durchweg von ausgewiesenen Experten erstellt, wissenschaftlich begründet und fachlich unterstützt". Darstellungen der Gruppe, der DOH gehe mittlerweile von 15.000 Geschädigten durch den DDR-Dopingstaatsplan aus, wies Geipel zurück: "Wie belegt waren bis 15.000 Leistungssportler ins Zwangsdopingsystem der DDR involviert. Experten sprachen bereits zu DDR-Zeiten von 15 Prozent irreversiblen Schäden. Mittlerweile wird eher von 30 Prozent ausgegangen."
(U.Kabuchyn--DTZ)