Trump unterliegt in Einwanderungsstreit um "Dreamer" vor Oberstem Gerichtshof
US-Präsident Donald Trump hat im Streit um ein Bleiberecht für junge Einwanderer - sogenannte Dreamer - eine schwere juristische Niederlage erlitten: Der Oberste US-Gerichtshof bestätigte am Donnerstag den Abschiebeschutz für rund 700.000 Einwanderer, die als Kinder mit ihren Eltern illegal in die USA gekommen waren. Der Stopp eines entsprechenden Programms von Trumps Amtsvorgänger Barack Obama sei unrechtmäßig, urteilte der Supreme Court in Washington.
Trump reagierte mit scharfen Attacken gegen die Richter auf die zweite juristische Niederlage binnen einer Woche. Die oppositionellen Demokraten begrüßten dagegen den Urteilsspruch.
Obama hatte 2012 mit dem sogenannten Daca-Dekret rund 700.000 "Dreamer" (Träumer) vor der Abschiebung geschützt. Viele von ihnen wurden als Kinder von ihren Eltern ohne Papiere ins Land gebracht, oft aus lateinamerikanischen Staaten. Trump beendete das Programm im September 2017. Mehrere Gerichte gaben in der Folge Eilanträgen gegen diesen Schritt statt. Der Fall landete schließlich vor dem Obersten US-Gerichtshof.
Dieser erklärte am Donnerstag, der Stopp des Daca-Programms sei "willkürlich und kapriziös" erfolgt. Das Gericht betonte, in seinem Urteil gehe es nicht um den Inhalt des Programms selbst und um die Frage, ob es sich um "vernünftige Politik" handle. Vielmehr sei geprüft worden, ob die "prozeduralen Anforderungen" für einen Stopp des Programms erfüllt worden seien - und dies sei nicht der Fall gewesen.
Das Urteil fiel mit einer Mehrheit von fünf zu vier Richterstimmen denkbar knapp aus. Der konservative Vorsitzende des Supreme Court, John Roberts, stimmte gemeinsam mit den vier liberalen Richtern.
Trump, der einen harten Kurs in der Einwanderungspolitik zu einem Schwerpunkt seiner Präsidentschaft gemacht hatte, attackierte den Obersten Gerichtshof nach der Urteilsverkündung scharf. Er sprach im Kurzbotschaftendienst Twitter von "furchtbaren und politischen" Urteilen des Supreme Court. Diese seien ein "Schlag ins Gesicht von Menschen, die stolz darauf sind, sich als Republikaner oder Konservative zu bezeichnen". "Habt ihr den Eindruck, dass der Supreme Court mich nicht mag?", fragte Trump auf Twitter.
Der Präsident bezog sich mit seinen Tweets offenbar nicht nur auf das Urteil vom Donnerstag. Bereits am Montag hatte der Oberste Gerichtshof den Schutz von Homosexuellen und Transgendern am Arbeitsplatz gestärkt und erklärt, eine Kündigung aufgrund von sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität verstoße gegen US-Recht. Auch hier widersprachen die obersten Richter der Linie der Trump-Regierung.
Für viele Beobachter kam dies überraschend: Trump hat seit seinem Amtsantritt zwei konservative Richter nominiert und damit die konservative Mehrheit des Supreme Court zementiert. Kritiker fürchteten, der Präsident habe sich damit einen Freifahrtschein für seine Politik gesichert. Die beiden Urteile von dieser Woche zeigen, dass dem nicht so ist.
Obama und seine demokratische Partei begrüßten das Dreamer-Urteil. Er sei glücklich für die jungen Einwanderer, ihre Familien und "uns alle", schrieb Obama auf Twitter. Sein einstiger Stellvertreter Joe Biden, der Trump bei der Präsidentschaftswahl am 3. November herausfordern wird, sprach von einem "Sieg". Er versprach, den Schutzstatus für die jungen Einwanderer bei einem Wahlsieg gesetzlich zu zementieren.
(A.Nikiforov--DTZ)