Mutmaßlicher Lübcke-Mörder bereitete Verbrechen laut Anklage jahrelang vor
Der mutmaßliche Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke hat sein Verbrechen nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft mehrere Jahre lang akribisch vorbereitet. Stephan E. habe seinen Plan spätestens nach dem schweren Anschlag im französischen Nizza sowie den Vorkommnissen in Köln rund um den Jahreswechsel 2015/2016 gefasst, sagte Bundesanwalt Dieter Killmer am Dienstag bei der Verlesung der Anklage im Oberlandesgericht von Frankfurt am Main. Er habe Lübcke dafür mitverantwortlich gemacht.
E. hänge einer gegen Repräsentanten der Bundesrepublik gerichteten "völkisch-nationalistischen Grundhaltung" an und habe mit dem Mord ein "öffentlich beachtetes Fanal gegen die öffentliche Ordnung" setzen wollen, führte der Vertreter der Bundesanwaltschaft weiter aus. Der Hass des Beschuldigten auf Lübcke ging demnach auf den Besuch jener Bürgerversammlung 2015 zurück, bei der Lübcke durch Äußerungen zur Flüchtlingspolitik zur Zielscheibe von Rechten geworden war.
Laut Anklageschrift sammelte der Angeklagte seit der Versammlung Informationen über Lübcke und spionierte die Lebensumstände seines Opfers später vor der Tat minutiös aus. Unter anderem fuhr er mehrfach zu dessen Haus. In der Nacht vor dem Mord beobachtete er dieses von einer nahen Koppel aus mit einer Wärmebildkamera, um herauszufinden, ob sich sein Opfer auf seiner Terrasse befinde.
Die folgende Nacht auf den 2. Juli 2019 habe er als Tatnacht ausgewählt, weil in dem Ort eine Kirmes stattfand und er sich unbeobachtet wähnte, hieß es in der Anklageschrift. E. schoss Lübcke demnach aus kurzer Distanz von hinten gezielt in den Kopf.
Sein mitangeklagter mutmaßlicher Komplize Markus H. habe ihn begleitet, sei aber nicht in den Mordplan eingeweiht gewesen. Allerdings hätten die beiden eng befreundeten Männer oft darüber gesprochen, dass "etwas geschehen" müsse, hieß es weiter. Es habe "stillverschweigenes Einverständnis" zwischen beiden gegeben.
(M.Dylatov--DTZ)