Deutsche Tageszeitung - WHO-Staaten beschließen unabhängige Untersuchung der Reaktion auf Corona-Pandemie

WHO-Staaten beschließen unabhängige Untersuchung der Reaktion auf Corona-Pandemie


WHO-Staaten beschließen unabhängige Untersuchung der Reaktion auf Corona-Pandemie
WHO-Staaten beschließen unabhängige Untersuchung der Reaktion auf Corona-Pandemie / Foto: ©

Die Mitgliedstaaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben eine unabhängige Untersuchung der Reaktion auf die Coronavirus-Pandemie beschlossen. Bei der "unparteiischen, unabhängigen und umfassenden Evaluierung" sollten auch die Rolle der WHO und der zeitliche Ablauf geprüft werden, heißt es in der am Dienstag verabschiedeten Resolution. US-Präsident Donald Trump drohte indes mit einem dauerhaften Stopp der US-Beitragszahlungen und einem Austritt aus der UN-Organisation.

Textgröße ändern:

In der bei der virtuell abgehaltenen WHO-Jahrestagung verabschiedeten Resolution fordern die Mitgliedstaaten nicht nur eine unabhängige Untersuchung, sondern auch eine gemeinsame Antwort auf die Pandemie. Die Länder sollen dabei vor allem sicherstellen, mögliche Impfstoffe und Arzneimittel "transparent, gerecht und rechtzeitig" für alle Länder und Menschen verfügbar zu machen.

Die nicht bindende Resolution war von der Europäischen Union eingebracht worden. Entgegen früherer Befürchtungen, dass die USA dagegen stimmen würden, wurde sie grundsätzlich auch von den Vertretern Washingtons mitgetragen. Die USA veröffentlichten aber parallel eine Erklärung, in der sie sich von einzelnen Punkten distanzierten - vor allem beim Zugang und der Verteilung von Impfstoffen.

Der WHO war in den vergangenen Wochen von verschiedenen Seiten vorgeworfen worden, zu spät auf das Auftreten des neuartigen Coronavirus in China reagiert zu haben. Insbesondere wirft aber US-Präsident Trump der WHO "Missmanagement" und Einseitigkeit zugunsten Chinas vor.

Diese Kritik verschärfte Trump nun nochmals: Er veröffentlichte am Montagabend (Ortszeit) im Onlinedienst Twitter Bilder eines Briefes an WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus, in dem er "substanzielle Verbesserungen" an der Arbeit der Organisation forderte. Zugleich bezeichnete er die WHO als "Marionette Chinas".

"Es ist klar, dass die wiederholten Fehltritte von Ihnen und Ihrer Organisation bei der Reaktion auf die Pandemie die Welt äußerst teuer zu stehen gekommen sind", schrieb Trump an den WHO-Chef. Sollte die WHO die geforderten Änderungen nicht innerhalb der nächsten 30 Tage vornehmen, werde seine Regierung ihre Beitragszahlungen dauerhaft einstellen. Außerdem werde seine Regierung in diesem Fall ihre Mitgliedschaft in der WHO "überdenken", warnte der US-Präsident. Die USA sind der größte Beitragszahler der WHO. Die US-Zahlungen an die Organisation belaufen sich laut Trump auf rund 450 Millionen Dollar (412 Millionen Euro) jährlich.

Peking reagierte am Dienstag mit einer scharfen Replik. Es gehe dem US-Präsidenten lediglich darum, Chinas Reaktion auf die Pandemie zu verunglimpfen, von der "eigenen unzureichenden Reaktion" der USA abzulenken und sich vor den Verpflichtungen seines Landes gegenüber der WHO zu "drücken", sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Peking. "Das ist eine Fehlkalkulation", fügte der Sprecher hinzu. "Die USA haben sich das falsche Ziel ausgesucht."

Auch Moskau übte deutliche Kritik an Washington. Es dürfe bei der WHO nicht alles kaputt gemacht werden nur wegen der "politischen oder geopolitischen Interessen" eines einzelnen Staates, warnte Vize-Außenminister Sergej Ryabkow laut Nachrichtenagentur Interfax.

Angesichts des Streits forderte die EU eine bessere Zusammenarbeit in der Krise. "Jetzt ist die Zeit für Solidarität, nicht für Schuldzuweisungen oder die Untergrabung multilateraler Zusammenarbeit", sagte eine Sprecherin am Dienstag in Brüssel. Internationale Bemühungen wie die der WHO seien "die einzige wirksame und machbare Option" im Kampf gegen die Corona-Pandemie.

Auch Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) verwies auf den globalen Charakter der gegenwärtigen Situation. "Kein Virus macht an nationalen Grenzen halt. Entweder schaffen wir es gemeinsam - oder gar nicht." Mit der auf der Jahrestagung verabschiedeten Resolution habe die Weltgemeinschaft nun für gemeinsame Handeln votiert, betonte Maas. "Und ich bin sicher: So werden wir das Virus besiegen."

Weltweit haben sich mittlerweile mehr als 4,8 Millionen Menschen mit dem neuartigen Coronavirus infiziert, mehr als 318.000 Menschen starben. Die USA sind mit mehr als 1,5 Millionen Infizierten und mehr als 90.000 Toten das am stärksten betroffene Land.

(S.A.Dudajev--DTZ)

Empfohlen

Miersch für "knallharte Sanktionen" bei Schwarzarbeit von Bürgergeldempfängern

SPD-Generalsekretär Matthias Miersch hat sich für "knallharte Sanktionen" gegen Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger ausgesprochen, die schwarzarbeiten. Soziale Politik sei Markenkern der SPD, sagte Miersch den Zeitungen des Redaktionsnetzwerk Deutschlands (RND) vom Mittwoch. "Wir sagen aber auch, wenn jemand nebenbei schwarzarbeitet und Bürgergeld bezieht, dass es hier knallharte Sanktionen geben muss."

Umfrage: Regierende SPD liegt sechseinhalb Wochen vor Wahl in Hamburg klar vorn

Sechseinhalb Wochen vor der Hamburger Bürgerschaftswahl führt die SPD einer weiteren Umfrage zufolge deutlich. Die Partei des Ersten Bürgermeisters Peter Tschentscher kommt der am Mittwoch veröffentlichten Befragung des Instituts Infratest dimap für den Norddeutschen Rundfunk (NDR) zufolge auf 31 Prozent und liegt damit klar vor allen anderen Parteien. Die Grünen folgen mit 22 Prozent.

Nach Verzögerung durch Brände: Biden ruft National Monuments in Kalifornien aus

Weniger als eine Woche vor dem Ende seiner Amtszeit hat US-Präsident Joe Biden am Dienstag zwei neue National Monuments in Kalifornien ausgerufen. Das Chuckwalla und das Sattitla National Monument sollte eigentlich bereits in der vergangenen Woche ausgerufen werden. Die Zeremonie war allerdings von den Waldbränden in Los Angeles verzögert worden.

Faeser fordert mehr Respekt für gut integrierte Migranten

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat mehr Respekt für gut integrierte Migranten eingefordert. "Fast 25 Millionen Menschen in Deutschland haben einen Migrationshintergrund", sagte Faeser der "Rheinischen Post" vom Mittwoch anlässlich der Verabschiedung des aktuellen Migrationsberichts im Kabinett. Sie seien "bereits lange selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft und halten in vielen Bereichen unser Land am Laufen: in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, in Betrieben und der Industrie."

Textgröße ändern: