Deutsche Tageszeitung - Europäer dringen auf Deeskalation im Nordwesten Syriens

Europäer dringen auf Deeskalation im Nordwesten Syriens


Europäer dringen auf Deeskalation im Nordwesten Syriens
Europäer dringen auf Deeskalation im Nordwesten Syriens / Foto: ©

Angesichts von mehr als 235.000 Flüchtlingen in der umkämpften syrischen Rebellenhochburg Idlib dringen die Europäer auf Deeskalation und internationale Hilfe. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) forderte ein "sofortiges Ende der Angriffe und eine dauerhafte Waffenruhe". Die Europäische Union rief ebenfalls zur Beendigung der Kämpfe und zum Schutz von Zivilisten auf. Die Welthungerhilfe stellte eine Soforthilfe von 100.000 Euro für Flüchtlinge in der Region zur Verfügung. Die türkische Regierung bekräftigte derweil, sie werde an ihrer Militärpräsenz in Idlib festhalten.

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Maas äußerte sich in den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Sonntag besorgt über die jüngste Offensive syrischer Regierungstruppen und deren Verbündetem Russland in Idlib. Die humanitäre Lage dort sei "ohnehin schon katastrophal und verschärft sich durch die Kämpfe immer weiter", sagte Maas.

Allerdings könnten die zwei Millionen Menschen, die dort auf humanitäre Hilfe angewiesen seien, nicht auf eine politische Lösung warten, sagte Maas. Deshalb stelle Deutschland weitere sieben Millionen Euro für ein UN-Programm für grenzüberschreitende humanitäre Hilfe für Syrien bereit.

Eine Verlängerung des Hilfsprogramms über den 10. Januar 2020 hinaus scheiterte kürzlich am Veto von Russland und China im UN-Sicherheitsrat. Deutschland ist laut der Funke Mediengruppe mit knapp 27 Millionen Euro im laufenden Jahr neben Großbritannien größter Einzahler in das Programm. Maas rief zur Verlängerung der Resolution auf, nur so sei lebensnotwendige Hilfe weiterhin zu leisten.

Die EU rief den syrischen Machthaber Baschar al-Assad und dessen Verbündete dazu auf, die "Eskalation" der Gewalt in Idlib zu beenden. Die jüngste Offensive beinhalte "wahllose Luftangriffe und Bombardements von Zivilisten und Fluchtrouten", erklärte ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell. Seit Februar seien nunmehr knapp 800.000 Menschen geflohen.

"Alle Parteien sind verpflichtet, Zivilisten zu schützen", erklärte der Sprecher. Er forderte einen "schnellen, sicheren und ungehinderten humanitären Zugang" zu der Kriegsregion.

Die Welthungerhilfe verwies auf die katastrophalen Zustände in den Flüchtlingslagern nahe der türkischen Grenze. "Die Kapazitäten dort sind erschöpft und für die neuen Flüchtlinge gibt es kaum noch Unterstützung", erklärte die private Hilfsorganisation.

Die UNO-Flüchtlingshilfe beklagte, dass die humanitäre Hilfe für Syrien "dramatisch unterfinanziert" sei. "Neben dem Schutz vor der Gewalt brauchen die Menschen dringend das Notwendigste zum Überleben: Öfen, Zelte, Nahrung und medizinische Versorgung", erklärte Peter Ruhenstroth-Bauer, Geschäftsführer der UNO-Flüchtlingshilfe.

Idlib sowie Teile der angrenzenden Provinzen Hama, Aleppo und Latakia werden von dem früheren Al-Kaida-Ableger HTS und anderen islamistischen Milizen kontrolliert. Der syrische Machthaber Baschar al-Assad ist entschlossen, die Region wieder unter seine Kontrolle zu bringen. Trotz einer eigentlich geltenden Waffenruhe haben syrische Regierungstruppen mit russischer Unterstützung zuletzt ihre Angriffe auf die Provinz verstärkt.

Der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar bekräftigte derweil während eines Truppenbesuchs nahe der syrischen Grenze, Ankara werde seine zwölf Beobachtungsposten in Idlib nicht aufgeben. Er rief Russland auf, seinen Einfluss auf die Regierung in Damaskus geltend zu machen, um die Offensive zu beenden.

Die türkischen Beobachtungsposten waren auf der Grundlage eines im September 2018 geschlossenen Abkommens zwischen Russland, dem wichtigsten Verbündeten Assads, und der Türkei entstanden. Sie sollten eine Offensive der syrischen Regierungstruppen in der Region verhindern. Unlängst hatten syrische Regierungstruppen einen türkischen Beobachtungsposten eingekreist.

(S.A.Dudajev--DTZ)

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