Weiter Stichwahlen bei Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen
Bei Bürgermeister- und Landratswahlen in Nordrhein-Westfalen wird es auch künftig Stichwahlen geben. Der Verfassungsgerichtshof des Landes erklärte am Freitag die von der schwarz-gelben Regierungskoalition beschlossene Abschaffung für verfassungswidrig. Allerdings fiel die Entscheidung knapp aus. Vier Richter hielten die geplante Änderung für verfassungswidrig, drei für vereinbar mit der Landesverfassung. Gegen die Abschaffung der Stichwahl hatten die Landtagsfraktionen von SPD und Grünen geklagt.
Um die Stichwahlen gibt es in Nordrhein-Westfalen seit Jahren politischen Streit. Im Jahr 2007 schafften CDU und FDP diese erstmals ab, was der NRW-Verfassungsgerichtshof im Jahr 2009 noch für verfassungsgemäß erklärte. Im Jahr 2011 wurde die Stichwahl von der damaligen rot-grünen Landesregierung wieder eingeführt. Im April beschloss die schwarz-gelbe Koalition erneut die Abschaffung.
Diesmal erklärten die Verfassungsrichter allerdings mehrheitlich, dass die geplante Änderung gegen Grundsätze des demokratischen Rechtsstaats verstoße. Sie begründeten dies vor allem damit, dass sich seit der ersten Entscheidung in dieser Frage im Jahr 2009 die Parteienlandschaft geändert habe. Dadurch ist es möglich, dass Kandidaten mit niedrigen relativen Mehrheiten ins Amt kommen.
Der Gesetzgeber habe sich darauf beschränkt, die vergangenen Wahlen mit Blick auf die Wahlbeteiligung statistisch auszuwerten, "ohne die in diesem Zusammenhang bedeutsame zunehmende Zersplitterung der Parteienlandschaft zumindest in den Blick zu nehmen", erklärte Gerichtspräsidentin Ricarda Brandts.
Drei Verfassungsrichter folgten dieser Sichtweise nicht. In einem Sondervotum vertraten sie die Ansicht, dass die Senatsmehrheit den demokratischen Gehalt von Stichwahlen überhöhe und dabei die meist sinkende Beteiligung an solchen Wahlen aus dem Blick verliere.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) erklärte nach der Entscheidung, es gebe jetzt Rechtssicherheit vor der nächsten Kommunalwahl im September 2020. Er hob zugleich hervor, dass ihm ein anderer Ausgang des Verfahrens lieber gewesen wäre, weil ihm die geringe Wahlbeteiligung bei den Stichwahlen Sorgen bereite.
SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty sprach dagegen von einem "guten Tag für die Demokratie". Der schwarz-gelbe Plan, "mit weniger Demokratie für mehr CDU-Bürgermeister und Landräte zu sorgen", sei gestoppt worden. Bürgermeister und Landräte müssten eine "echte Mehrheit der Wähler" hinter sich haben.
(U.Stolizkaya--DTZ)