Deutsche Tageszeitung - Kramp-Karrenbauer bringt Kritiker mit Vertrauensfrage zum Schweigen - vorerst

Kramp-Karrenbauer bringt Kritiker mit Vertrauensfrage zum Schweigen - vorerst


Kramp-Karrenbauer bringt Kritiker mit Vertrauensfrage zum Schweigen - vorerst
Kramp-Karrenbauer bringt Kritiker mit Vertrauensfrage zum Schweigen - vorerst / Foto: ©

Beim Parteitag in Leipzig hat die angeschlagene CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer überraschend die Vertrauensfrage gestellt - und ihre Kritiker vorerst zum Schweigen gebracht. Wenn die Partei ihre Vorstellungen von der Zukunft Deutschlands und dem Weg dorthin nicht teile, "dann lasst es uns heute auch beenden", sagte sie am Freitag. Die Delegierten beantworteten ihren kämpferischen Auftritt mit stehenden Ovationen. Kramp-Karrenbauers Rivale Friedrich Merz bescheinigte ihr eine "mutige" Rede und versicherte: "Wir sind loyal."

Textgröße ändern:

Zum Schluss ihrer rund anderthalbstündigen Rede hatte AKK unerwartet ihren Rücktritt angeboten: "Wenn Ihr der Meinung seid, dass dieses Deutschland, so wie ich es möchte, nicht das Deutschland ist, das Ihr wollt - wenn Ihr der Meinung seid, dass dieser Weg, den ich gemeinsam mit Euch gehen will, nicht der Weg ist, den Ihr für den richtigen haltet: Dann lasst es uns heute aussprechen, dann lasst es uns heute auch beenden", sagte die CDU-Vorsitzende, die wegen schlechter Wahl- und Umfrageergebnisse unter Druck steht.

Kramp-Karrenbauer fügte hinzu: "Aber wenn Ihr der Meinung seid, dass Ihr dieses Deutschland wollt, wenn Ihr der Meinung seid, dass wir diesen Weg gemeinsam gehen sollten, wenn Ihr die gleiche Lust am Gestalten und Verantworten habt, wie ich das habe, dann lasst uns hier und jetzt und heute die Ärmel hochkrempeln und anfangen."

Die Delegieren reagierten mit rund sieben Minuten stehenden Ovationen und Jubel auf die Rede, in der anschließenden Aussprache verschonten die Delegierten die Parteichefin weitgehend mit persönlicher Kritik. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer wertete den Applaus so: "Heute wird nicht Schluss gemacht, heute geht’s erst richtig los." Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier lobte Kramp-Karrenbauer für eine "mutige und ehrliche" Rede. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte, die Partei dürfe "manchmal hart ringen", aber nur in der Sache.

Zum Beginn ihrer Rede hatte Kramp-Karrenbauer ihre Partei vor schädlicher Selbstkritik gewarnt und die Regierungsbilanz von Kanzlerin Angela Merkel (CDU verteidigt. Es sei "keine erfolgreiche Wahlkampfstrategie", wenn sich CDU-Politiker nun von Merkels Regierungszeit distanzierten.

Dies konnte als indirekte Kritik an Ex-Unionsfraktionschef Merz verstanden werden. Dieser hatte kürzlich scharfe Kritik an Merkel geübt und das Erscheinungsbild der großen Koalition als "grottenschlecht" gebrandmarkt.

Die Parteichefin verteidigte sich auch gegen Kritik aus der Jungen Union. Diese bringe erneut die "Führungsfrage aufs Tablett", doch habe es dies "schon immer" gegeben. "Wir halten solche Diskussionen aus." JU-Chef Tilman Kuban, der nach den Verlusten bei der Thüringen-Wahl von einem "Führungsproblem" gesprochen hatte, stellte sich nach Kramp-Karrenbauers Rede hinter die Parteichefin: "Wir haben nicht den Anspruch, politische Karrieren zu beenden".

Auch Merz stellte sich in seiner mit Spannung erwarteten Rede demonstrativ hinter die Parteichefin: Diese habe eine "kämpferische, mutige und nach vorne zeigende Rede gehalten". Er äußerte sich auch zu seiner eigenen Person und bot an: "Wenn Sie wollen, dass ich dabei bin, dann bin ich dabei." Es gehe nicht um ihn "oder gar irgendwelche niederen Motive, die mir unterstellt werden".

Vom Leipziger Parteitag müsse die Botschaft ausgehen, dass die Christdemokraten ihre Verantwortung für Deutschland in den nächsten Jahren so wahrnehmen wollten wie in den vergangenen Jahrzehnten. "Dafür möchte ich zusammen mit Ihnen kämpfen", rief Merz.

Ein heikles Thema vertagte die CDU auf kommendes Jahr: Für eine verbindliche Frauenquote soll eine eigens gebildete Kommission bis zum Parteitag 2020 "verbindliche Regeln" ausarbeiten, wie Kramp-Karrenbauer sagte.

(W.Novokshonov--DTZ)

Empfohlen

Frankreich: Mehr als 100.000 Menschen protestieren gegen rechtsgerichteten Premier

In Frankreich haben am Samstag nach Angaben des Innenministeriums mehr als 100.000 Menschen gegen die Ernennung des neuen rechtsgerichteten Premierministers Michel Barnier demonstriert. Allein in Paris waren es demnach 26.000. Aber auch in vielen anderen Städten wie Nantes, Nizza, Marseille und Straßburg gingen die Menschen gegen die Regierungsübernahme durch den 73-jährigen Konservativen auf die Straße. Die Wut der Demonstrierenden richtete sich auch gegen Präsident Emmanuel Macron.

Tausende in Israel demonstrieren erneut für Abkommen für Freilassung der Geiseln

Genau elf Monate nach dem beispiellosen Angriff der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel sind dort erneut tausende Menschen für ein Abkommen über eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung aller Geiseln auf die Straße gegangen. Unter den Teilnehmern der Kundgebungen in Tel Aviv, Jerusalem und anderen Städten waren am Samstag auch Angehörige der immer noch im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln.

Niedrige Wahlbeteiligung: Präsidentschaftswahl in Algerien zu Ende gegangen

Nach einer einstündigen Verlängerung ist die Präsidentschaftwahl in Algerien am Samstag zu Ende gegangen. Statt wie geplant um 20.00 Uhr schlossen die Wahllokale in dem nordafrikanischen Land angesichts einer sehr niedrigen Wahlbeteiligung erst um 21.00 Uhr Ortszeit (22.00 Uhr MESZ).

Großdemo für "Freiheit" nach Sperrung des Onlinediensts X in Brasilien

Nach der Sperrung des Onlinedienstes X in Brasilien sind in dem südamerikanischen Land am Samstag tausende Demonstranten auf die Straße gegangen. Die Kundgebung in der Wirtschaftsmetropole São Paulo fand am brasilianischen Unabhängigkeitstag als Gegenveranstaltung zu einer offiziellen Parade in der Hauptstadt Brasília mit dem linksgerichteten Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva statt. Dessen rechtsextremer Amtsvorgänger Jair Bolsonaro unterstützte den Protestmarsch in São Paulo.

Textgröße ändern: