Maas übt sich nach Macron-Kritik bei Nato in Schadensbegrenzung
Nach der scharfen Kritik von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron an der Nato hat Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) versucht, Schadensbegrenzung im Bündnis zu betreiben. Er warnte beim Treffen mit seinen Nato-Kollegen am Mittwoch vor "spalterischen Tendenzen", welche die Rolle der Allianz als "Lebensversicherung Europas" gefährden könnten. Maas schlug deshalb ein Expertengremium vor, das über die Reform des Bündnisses berät. Zustimmung kam umgehend von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.
Macron hatte der Nato in einem Interview Anfang November den "Hirntod" bescheinigt. Er begründete dies unter anderem mit einer mangelnden Koordination der USA mit den Europäern und dem "aggressiven" Vorgehen des Nato-Mitglieds Türkei in Nordsyrien.
"Nötig ist, dass der politische Arm der Nato gestärkt wird", sagte Maas in Brüssel. Es müsse künftig "eine stärkere politische Koordination der Partner" geben, um die Interessen der USA und Europas miteinander in Einklang zu bringen. Dabei gehe es auch um die Frage, wie "die Steigerung der europäischen Sicherheitsanstrengungen mit der Nato koordiniert werden können".
Die Expertengruppe soll laut Maas unter Führung von Generalsekretär Jens Stoltenberg beraten. Wichtig sei, "dass alle Verbündete sich dabei mitgenommen fühlen", sagte der Minister bei dem Treffen, das den Gipfel der Staats- und Regierungschefs Anfang Dezember in London vorbereiten soll. Zu möglichen Ergebnissen der Expertenberatungen wie Vorschlägen für häufigere Ministertreffen wollte sich Maas nicht äußern.
Im Bündnis war die drastische Wortwahl des französischen Präsidenten auf Unverständnis gestoßen. Diplomaten zufolge gab es aber auch Zustimmung zu Macrons Analyse, nachdem sich die USA ohne Abstimmung mit den europäischen Verbündeten aus Nordsyrien zurückgezogen hatten. Offene Kritik an Macron äußerten osteuropäische Regierungen, die sich direkt durch Russland bedroht sehen und keinesfalls auf den Schutz der USA verzichten wollen.
"Der Schaden ist angerichtet", sagte ein hochrangiger Diplomat eines Nato-Staates. "Jetzt müssen wir den Schaden begrenzen, um auf dem Londoner Gipfel Einheit zu zeigen.
"Es kommt nicht in Frage, dass wir einfach so weitermachen", hieß es jedoch aus französischen Regierungskreisen. Aber auch wenn es "eine Krise" innerhalb der Nato gebe, bleibe das Bündnis "unverzichtbar". Den Angaben zufolge will der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian in Brüssel "die Kritik Frankreichs erläutern" und dann eigene "Vorschläge unterbreiten".
Nato-Generalsekretär Stoltenberg, der durch die Macron-Kritik unter Druck steht, begrüßte den Vorstoß von Maas. Der Vorschlag habe "Wert", sagte er. Er ziele darauf, die Nato "als Plattform" zu stärken, damit sich Nordamerika und Europa gemeinsam ihren politischen Herausforderungen stellen könnten.
Konkret beschließen wollen die Nato-Außenminister, den Weltraum nach Boden, Luft, See und dem Cyberspace zum fünften Einsatzgebiet des Bündnisses zu machen. Die Nato will dadurch vor allem einen Schutz von Satelliten gewährleisten, nachdem China und Russland in den vergangenen Jahren ihre Möglichkeiten zur Beeinträchtigung oder Zerstörung von Satelliten ausgebaut haben.
Stoltenberg bekräftigte, dass die Nato nicht plane, Waffen im Weltraum zu stationieren. Allerdings entwickeln Bündnismitglieder wie die USA und Frankreich solche Systeme.
Weitere Themen des Treffens sind die von den USA geforderten höheren Verteidigungsausgaben und der Kampf gegen den Terrorismus. Am Abend beraten die Minister über den Nato-Kurs gegenüber Russland und China sowie Abrüstungsbemühungen.
(A.Nikiforov--DTZ)