Deutsche Tageszeitung - Weltweit wächst der Druck auf Ankara - Armee setzt Vormarsch in Nordsyrien fort

Weltweit wächst der Druck auf Ankara - Armee setzt Vormarsch in Nordsyrien fort


Weltweit wächst der Druck auf Ankara - Armee setzt Vormarsch in Nordsyrien fort
Weltweit wächst der Druck auf Ankara - Armee setzt Vormarsch in Nordsyrien fort / Foto: ©

Wenige Tage nach dem Beginn der türkischen Offensive in Nordsyrien wächst international der Druck auf Ankara. Die Bundesregierung kündigte am Samstag an, keine neuen Rüstungsexporte an die Türkei zu genehmigen, die USA drohten dem Nato-Partner Türkei mit Strafmaßnahmen. Die Arabische Liga forderte den "sofortigen Abzug" aus Syrien. Die türkischen Truppen setzten ihren Vormarsch gegen die Kurdenmiliz YPG derweil fort.

Textgröße ändern:

Die Bundesregierung werde "keine neuen Genehmigungen für alle Rüstungsgüter, die durch die Türkei in Syrien eingesetzt werden könnten, erteilen", erklärte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD). Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes wollte sich auf AFP-Anfrage nicht zu Einzelheiten äußern. Zuvor hatten bereits mehrere europäische Staaten, darunter die Niederlande und Norwegen, angekündigt, ihre Waffenexporte in die Türkei auszusetzen.

Die Arabische Liga verurteilte in einer Dringlichkeitssitzung am Samstag den türkischen Einmarsch in das von den Kurden kontrollierte Gebiet als "Aggression" und rief die Türkei zum "sofortigen und bedingungslosen Abzug" auf. Als mögliche Reaktion warnte das Bündnis vor diplomatischen und wirtschaftlichen Maßnahmen sowie einer "militärischen Kooperation".

Die türkischen Truppen und ihre syrischen Verbündeten waren laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Samstagmorgen aus drei Richtungen auf die nordsyrische Grenzstadt Ras al-Ain vorgerückt. Der Kampf um die Stadt dauere an, betonte ein Vertreter der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF). Er widersprach damit Angaben Ankaras, wonach die strategisch wichtige Grenzstadt "unter Kontrolle" der türkischen Armee sei.

Die Beobachtungsstelle teilte überdies mit, an der Seite der Türkei kämpfende syrische Rebellen hätten bei Gefechten in der Grenzstadt Tal Abjad mindestens neun Zivilisten "hingerichtet". Nach kurdischen Angaben soll unter den Opfern eine Kurdenpolitikerin sein.

Seit dem Beginn der Offensive wurden nach Angaben der Beobachtungsstelle mehr als 70 kurdische Kämpfer sowie rund 40 Zivilisten getötet. Die Angaben der in London ansässigen Beobachtungsstelle sind von unabhängiger Seite kaum zu überprüfen.

Auf türkischer Seite wurden nach Angaben Ankaras 18 Zivilisten getötet. Bei den Kämpfen in Nordsyrien seien außerdem vier Soldaten getötet worden. Nach UN-Angaben flohen bereits mehr als 100.000 Menschen vor den Kämpfen.

Die Türkei hatte am Mittwoch nach einem Rückzug von US-Soldaten aus dem syrischen Grenzgebiet ihre lange angedrohte Militäroffensive gegen die Kurdenmiliz YPG begonnen. Die USA und andere westliche Staaten hatten den türkischen Militäreinsatz von Beginn an heftig kritisiert, da sie in der YPG den wichtigsten Partner im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) sehen. Sie fürchten ein Wiedererstarken der IS-Miliz.

Die USA drohten dem Nato-Partner Türkei am Freitag mit Strafmaßnahmen. Frankreich drohte Ankara mit EU-Sanktionen.

Für zusätzliche Spannungen zwischen Washington und Ankara sorgte ein Zwischenfall nahe der syrischen Grenzstadt Kobane. Die USA warfen der Türkei vor, dort am Freitagabend US-Soldaten unter Beschuss genommen zu haben. Das Pentagon forderte die Türkei auf, alles zu vermeiden, was zu "sofortigen Verteidigungsaktionen" führen könne. Ankara wies die Anschuldigungen zurück.

Die Türkei will eine "Sicherheitszone" südlich der türkischen Grenze in Nordsyrien schaffen. Präsident Recep Tayyip Erdogan betonte am Freitag in Istanbul, sein Land werde sich dem internationalen Druck nicht beugen. "Wir werden diesen Kampf fortsetzen, bis sich alle Terroristen 32 Kilometer von unserer Grenze entfernen."

Aus Protest gegen die Militäroffensive gingen am Samstag in zahlreichen europäischen Städten tausende Menschen auf die Straße. In Deutschland gab es unter anderem in Frankfurt, Köln, Hamburg und Berlin Kundgebungen. In Paris nahmen nach Angaben der Veranstalter mehr als 20.000 Menschen an einer Demonstration teil. Auch in Schweden, Belgien und Zypern fanden Protestaktionen statt.

(W.Novokshonov--DTZ)

Empfohlen

Scheidender US-Präsident Biden hält Abschiedsrede an die Nation

Der scheidende US-Präsident Joe Biden hält am Mittwoch (20.00 Uhr Ortszeit, Donnerstag 02.00 Uhr MEZ) seine Abschiedsrede an die Nation. Fünf Tage vor der Amtsübergabe an seinen Nachfolger wird sich der 82-Jährige nach Angaben des Weißen Hauses aus dem Oval Office an seine Landsleute wenden. Biden hatte sein Amt 2021 angetreten, nachdem er Donald Trump bei der Präsidentschaftswahl vor vier Jahren geschlagen hatte.

Bundeskabinett befasst sich mit Abschuss von Drohnen

Das Bundeskabinett befasst sich in seiner Sitzung am Mittwoch (11.00 Uhr) mit der Rechtsgrundlage für den Abschuss von Drohnen in Gefahrensituationen. Dafür soll das Luftsicherheitsgesetz geändert werden. Künftig soll der Bundeswehr unter bestimmten Voraussetzungen der Einsatz von Waffengewalt gegen illegale, unbemannte Drohnen erlaubt werden.

Träger von Internationalem Karlspreis 2025 wird bekanntgegeben

Im Aachen wird am Mittwoch (12.30) der Träger oder die Trägerin des diesjährigen Internationalen Karlspreises bekanntgegeben. Die Entscheidung des Direktoriums des Karlspreises wird von dessen Vorsitzendem Jürgen Linden und der Aachener Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen (parteilos) verkündet. Die Preisverleihung erfolgt traditionell im Mai bei einem Festakt im historischen Aachener Rathaus.

Trump-Kandidat Rubio: China hat sich Status der Supermacht erschlichen

Der vom künftigen US-Präsidenten Donald Trump für das Amt des Außenministers nominierte Marco Rubio wird am Mittwoch bei seiner Anhörung im Senat sagen, dass sich China seinen Status einer Supermacht erschlichen habe. "Die globale Nachkriegsordnung ist nicht nur veraltet, sie ist jetzt eine Waffe, die gegen uns eingesetzt wird", wird der Republikaner laut von seinem Büro veröffentlichten Redeauszügen sagen.

Textgröße ändern: