Französische Kommissionskandidatin wird erneut im EU-Parlament angehört
Die französische EU-Kommissionskandidatin Sylvie Goulard muss sich erneut einer Befragung im EU-Parlament stellen. Eine zweite Anhörung der Liberalen wurde für Donnerstagvormittag angesetzt, wie die Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch aus Parlamentskreisen erfuhr. Goulard hatte am Dienstag schriftlich unter anderem zu Vorwürfen unklarer Finanzen und möglichen Interessenskonflikten Stellung genommen, nachdem eine erste Anhörung ihr viel Kritik wegen unzureichender Antworten eingebracht hatte.
Problematisch für die 54-Jährige ist eine laufende Untersuchung der EU-Betrugsbekämpfungsbehörde Olaf. Dabei geht es um Vorwürfe gegen sie wegen der vermeintlichen Scheinbeschäftigung eines Assistenten auf Kosten des Europaparlaments. Auch in Frankreich beschäftigt die Angelegenheit noch die Justiz. Die EU-Abgeordneten wollten insbesondere wissen, ob Goulard als Kommissarin zurücktreten würde, sollte Anklage gegen sie erhoben werden.
Auch in ihren schriftlichen Antworten wich Goulard dieser Frage aus. Im Falle einer Anklage, "würde ich mich fragen, ob ich mein Mandat weiterhin effektiv ausüben kann", schrieb sie. Sie würde spätestens im Falle einer "rechtskräftigen Verurteilung wegen einer für die Ausübung einer öffentlichen Funktion relevanten Straftat" ihr Amt niederlegen. Die Abgeordneten wollen sie nun erneut befragen.
Das Europaparlament hatte seine eigenen Ermittlungen gegen die französische Liberale Ende August beendet. Es sah kleinere Verstöße gegen Vorschriften. Goulard hat inzwischen 45.000 Euro zurückgezahlt. Sie selber sprach bei ihrer Anhörung von einem "Personalproblem" und bestritt jegliche "betrügerische Absicht".
Die EU-Abgeordneten verlangten auch Klarheit darüber, wofür genau Goulard zwischen 2013 und 2015 von dem US-Institut Berggruen "insgesamt 49.047 Euro als Sonderberaterin" erhalten habe. Goulard könne vor diesem Hintergrund als für Digitalisierung, Raumfahrt, Industrie und Binnenmarkt zuständige Kommissarin anfällig für Druck und Lobbyversuche sein, hieß es. "Ich hatte keinerlei Beziehung zu den geschäftlichen Aktivitäten" des Gründers des Instituts, erklärte sie dazu.
Goulard kommt aus demselben politischen Lager wie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Sie ist als eine Art "Super-Kommissarin" unter der künftigen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit den Zuständigkeitsbereichen Industriepolitik, Binnenmarkt und Verteidigungsindustrie vorgesehen.
(V.Korablyov--DTZ)