Johnson löst mit Aussage über ermordete Labour-Abgeordnete Cox Empörung aus
Großbritanniens Premierminister Boris Johnson hat mit einer respektlosen Bemerkung über die ermordete Labour-Abgeordnete Jo Cox wütende Proteste ausgelöst. Sogar Politiker aus den eigenen Reihen riefen zur Mäßigung auf.
Johnson hatte am Mittwoch während einer heftigen Parlamentsdebatte gesagt, der beste Weg, Cox zu ehren, "wäre, denke ich, den Brexit durchzuziehen". Cox, eine Brexit-Gegnerin, war 2016 kurz vor dem Referendum über den EU-Austritt von einem Rechtsradikalen mit dem Ruf "Britain First!" ermordet worden.
"In einer Zeit starker Gefühle müssen wir uns daran erinnern, welche Wirkung das was wir sagen auf diejenigen hat, die uns zuhören", sagte Kulturministerin Nicky Morgan, die zu Johnsons Kabinett gehört. Und der Brexit-Hardliner Jacob Rees-Mogg - ein treuer Johnson-Anhänger - betonte, jeder habe "die Verantwortung, mit unserer Sprache sanft umzugehen".
Der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, beschuldigte Johnson, eine Sprache zu verwenden, die nicht von der der extremen Rechten zu unterscheiden sei. Auch Großbritanniens ranghöchster EU-Beamter Julian King kritisierte in einem für ihn ungewöhnlichen Ton die Aussagen Johnsons als "krass und gefährlich".
Der EU-Kommissar schrieb am Mittwoch an seine Twitter-Anhänger gerichtet: "Wenn Sie denken, dass extreme Sprache nicht politische Gewalt in ganz Europa, einschließlich Großbritannien, fördert, dann sind Sie nicht aufmerksam." Hintergrund seines Kommentars ist auch, dass die Sicherheit einiger britischer Abgeordneter erhöht wurde, weil sie online Morddrohungen wegen ihres Standpunktes zum Brexit erhielten.
Cox’ Ehemann Brendan äußerte sich im Onlinedienst Twitter: "Es macht mich ein wenig krank, dass Jo’s Name in dieser Weise benutzt wird." Der beste Weg, sie zu ehren, sei, "dass wir alle (unabhängig von unseren Ansichten) für das eintreten, woran wir glauben... aber nie die andere Seite verteufeln."
Johnsons Worte fielen während der ersten Sitzung des Parlaments nach der vom Premierminister durchgesetzten Zwangspause. Diese hatte der Oberste Gerichtshof am Dienstag als unrechtmäßig bezeichnet und wieder aufgehoben.
Johnson ging dabei verbal in die Offensive und warf den Abgeordneten vor, ein "Kapitulationsgesetz" verabschiedet zu haben, das ihn zwinge, eine Brexit-Verschiebung über die Frist vom 31. Oktober hinaus zu beantragen, falls er kein Austrittsabkommen mit der EU aushandelt.
Parlamentssprecher John Bercow sagte, die Atmosphäre im Parlament sei "toxisch" und kündigte für Donnerstag eine Sonderdebatte an. Das Thema: die Sprache der Abgeordneten. (S.A.Dudajev--DTZ)