Snowden warnt vor Erstarken des Autoritarismus
Der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden hat vor einem neuen Aufstieg des Autoritarismus gewarnt. "Verbunden mit immer neuen Überwachungsmethoden ist das eine gefährliche Entwicklung", sagte Snowden der "Süddeutschen Zeitung" (Wochenendausgabe). "Wir sehen ja derzeit in Hongkong, wie leicht ein Überwachungsapparat genutzt werden kann, um demokratische Proteste zu ersticken", sagte der für seine Enthüllungen über die Überwachungsmethoden der US-Geheimdienste bekannte Informant.
Im Nachrichtenmagazin "Spiegel" warnte der 36-Jährige davor, den Aufstieg von Politikern wie US-Präsident Donald Trump und Großbritanniens Regierungschef Boris Johnson oder die Wahlerfolge der AfD nur als vorübergehende Abweichung von der politischen Norm zu betrachten. "Überall haben Politiker und Unternehmer verstanden, dass sie Technologien nutzen können, um die Welt auf einem neuen Level beeinflussen zu können", sagte er.
Snowden hält auch die technischen Entwicklungen im Netz für eine Gefahr für jeden Einzelnen. "In einer Welt der totalen Überwachung, in der jeder Gesetzesverstoß ausnahmslos geahndet wird, wären alle Menschen Kriminelle", sagte er der "Süddeutschen Zeitung".
Er forderte ein Ende der "massenhaften Datensammlung". Das gelte nicht nur für Geheimdienste, sondern auch für Konzerne wie Facebook und Google. In einem ersten Schritt gelte es, etwa für jeden Smartphone-Nutzer "sichtbar zu machen, wie sehr wir auf Schritt und Tritt verfolgt werden", sagte Snowden dem "Spiegel". "Und wenn niemand sonst eine Alternative entwickelt, dann werde ich das verdammt noch mal selbst tun."
Der Ex-Geheimdienstmitarbeiter, der seit seinen Enthüllungen im russischen Exil lebt, äußerte zudem die Hoffnung, in Deutschland oder einem anderen EU-Land politisches Asyl zu erhalten. "Wenn Deutschland mich aufnehmen würde, würde es inzwischen nicht mehr als ein feindlicher Akt gegen die USA aufgefasst", sagte Snowden der Zeitung "Welt" (Samstagsausgabe). Dies sei für jeden offensichtlich, der "objektiv auf die Geschichte blickt". Deutschland unterhalte gute und freundschaftliche Beziehungen zu den USA.
Die US-Regierung wirft Snowden Landesverrat vor. Seine Verteidiger sehen in ihm dagegen einen Verfechter der Privatsphäre und betrachten seine Enthüllungen als legitim.
Snowden warf Deutschland und Frankreich vor, bisher in seiner Sache nichts unternommen zu haben. "Ich hätte gerne politischen Schutz von Deutschland und Frankreich erhalten und dort einen Asylantrag gestellt. Aber die Regierungen haben nach Gründen gesucht, weshalb ich nicht kommen durfte." Er habe nichts veröffentlicht, womit er Menschen gefährdet hätte.
Snowden veröffentlicht demnächst seine Autobiografie. Das Buch "Permanent Record" erscheint am 17. September auch in Deutschland.
(S.A.Dudajev--DTZ)